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Kunstsammlung und Kunstgeselligkeit: Zu Goethes Sammlungs- und Museumskonzeption zwischen 1798 und 1817

Published online by Cambridge University Press:  27 May 2021

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Summary

I.

EINE ENTSCHEIDENDE FRAGE in der ästhetischen Theoriediskussion um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert war die nach der gesellschaftlichen Funktion einer als ‘autonom’ begriffenen Kunst. Welche Stelle in der modernen Gesellschaft konnte der aus ihren traditionellen—ständischen, religiösen, staatlichen—Bindungen herausgelösten Kunst zuerkannt werden? Dieser Frage widmeten sich die Autoren um 1800, also im Umkreis von Spätaufklärung, Weimarer Klassik und Frühromantik mit einem bis heute kaum erledigten Reflexionsaufwand.

Dabei bot die für die soziale Theorie und Praxis des 18. Jahrhunderts bedeutsame Kategorie der Geselligkeit einen zentralen Anknüpfungspunkt. Geselligkeit zielte auf die freiwillige Vereinigung einer überschaubaren Gruppe von Menschen zum Zweck gelehrten und kulturellen, auch sozialpolitischen (“patriotischen”) Austauschs. Sie beruhte auf einer unterstellten Gleichheit der Mitglieder und ihrer zwanglosen Kommunikation. Mehr oder minder institutionalisiert (von Vereinigungen unter selbst gegebenen Satzungen bis hin zu locker organisierten familiär-intimen Runden), stellten die “Gesellschaften” im Zeichen aufklärerischer Geselligkeit so etwas wie ideale Keimzellen einer ‘demokratischen’ Gesellschaftsform dar; ihre Mitglieder erfuhren sich als Teil einer übergeordneten, potenziell universalen Gemeinschaft.

Die gegen Ende des Jahrhunderts zunehmend hervortretenden Verbindungen mit künstlerischer und ästhetisch-kritischer Ausrichtung schlossen an diese aufklärerische Vorstellung an, die sie zugleich vergeistigten. Die Idee wurde wichtiger als der institutionelle Rahmen, der sich auf ein gemeinsames Publikationsorgan beschränken konnte. Bereits Lessing hatte der Geselligkeit am Beispiel des Freimaurertums—der bedeutendsten Geselligkeitsinstitution der Aufklärung—einen spirituell-idealistischen Gehalt zugesprochen, den er als das “gemeinschaftliche Gefühl sympathisierender Geister” charakterisierte. Friedrich Schlegel wird zwei Jahrzehnte später mit Bezug auf Lessings dialogisches Schriftstellertum von einer “öffentlichen Freimaurerei” sprechen. Doch was für den Aufklärer noch stark pragmatisch-ethisch rückgebunden war, erhielt nun im Umkreis des klassischen Weimar und der Frühromantik einen emphatisch ästhetischen Akzent. Fragen der Kunst, ihrer Produktion und Rezeption, ihrer Aufnahme und Beurteilung, der konstitutiven Eigenschaften des Künstlers und des Kritikers, der Bildung des Liebhabers und Kenners, nicht zuletzt herausragende Einzelwerke wurden zum beliebten Gegenstand der dialogisch-geselligen Kommunikation. Diese fand einen Ausdruck in der für die Frühromantik bezeichnenden Gattung des Kunstgesprächs, das innerhalb eines mehr oder weniger ausgestalteten fiktionalen Rahmens den Austausch von Beschreibungen, Meinungen, Urteilen usw. zum Gegenstand der Darstellung machte.

Was bedeutet die gesellige Gesprächsform (und die ihr etwa zugrunde liegende Organisation) für die prinzipielle Auffassung der autonomen Kunst und ihre mögliche gesellschaftliche Einbindung?

Type
Chapter
Information
Goethe Yearbook 22 , pp. 227 - 246
Publisher: Boydell & Brewer
Print publication year: 2015

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