Book contents
- Frontmatter
- Contents
- Introduction
- Auferstanden aus Ruinen: Die Konstruktion kultureller Traditionen einer traditionslosen Gesellschaft im Wiederaufbaufilm der SBZ
- “A Romance with One’s Own Fantasy”: The Nostalgia of Exile in Anna Seghers’s Mexico
- From Narrative to Symbol: The Development of the Antifascist Monument in the GDR
- Mama, ich lebe: Konrad Wolf’s Intermedial Parable of Antifascism
- Queering the Antifascist State: Ravensbrück as a Site of Lesbian Resistance
- Formalism, Naturalism, and the Elusive Socialist Realist Picture at the GDR’s Dritte deutsche Kunstausstellung, 1953
- “Cold, Clean, Meaningless”: Industrial Design and Cultural Politics in the GDR 1950−1965
- (Re)defining the Musical Heritage: Confrontations with Tradition in East German New Music
- Zwischen klassischem Erbe, marxistischer Geschichtsphilosophie und Strukturalismus: Dieter Schlenstedts Entwurf einer „sozialistischen“ Gattungstheorie
- Vom „Klassencharakter der Literatur“ zum „nationalen Kulturerbe“: Zum Zusammenhang von Kulturpolitik und Literaturwissenschaft in der DDR der siebziger und achtziger Jahre
- Polyphonic Traditions: Schiller, Sinn und Form and the “Thick” Literary Journal
- Composing the Canon: The Individual and the Romantic Aesthetic in the GDR
- Recalling the Goddess Pandora: From Utopia to Resignation, from Goethe to Peter Hacks in Irmtraud Morgner’s Amanda
- Distinktionsstrategien im literarischen Feld und Aktualisierung tabuisierter Traditionen in der selbst verlegten Literatur der DDR in den 1980er Jahren
Vom „Klassencharakter der Literatur“ zum „nationalen Kulturerbe“: Zum Zusammenhang von Kulturpolitik und Literaturwissenschaft in der DDR der siebziger und achtziger Jahre
Published online by Cambridge University Press: 28 February 2023
- Frontmatter
- Contents
- Introduction
- Auferstanden aus Ruinen: Die Konstruktion kultureller Traditionen einer traditionslosen Gesellschaft im Wiederaufbaufilm der SBZ
- “A Romance with One’s Own Fantasy”: The Nostalgia of Exile in Anna Seghers’s Mexico
- From Narrative to Symbol: The Development of the Antifascist Monument in the GDR
- Mama, ich lebe: Konrad Wolf’s Intermedial Parable of Antifascism
- Queering the Antifascist State: Ravensbrück as a Site of Lesbian Resistance
- Formalism, Naturalism, and the Elusive Socialist Realist Picture at the GDR’s Dritte deutsche Kunstausstellung, 1953
- “Cold, Clean, Meaningless”: Industrial Design and Cultural Politics in the GDR 1950−1965
- (Re)defining the Musical Heritage: Confrontations with Tradition in East German New Music
- Zwischen klassischem Erbe, marxistischer Geschichtsphilosophie und Strukturalismus: Dieter Schlenstedts Entwurf einer „sozialistischen“ Gattungstheorie
- Vom „Klassencharakter der Literatur“ zum „nationalen Kulturerbe“: Zum Zusammenhang von Kulturpolitik und Literaturwissenschaft in der DDR der siebziger und achtziger Jahre
- Polyphonic Traditions: Schiller, Sinn und Form and the “Thick” Literary Journal
- Composing the Canon: The Individual and the Romantic Aesthetic in the GDR
- Recalling the Goddess Pandora: From Utopia to Resignation, from Goethe to Peter Hacks in Irmtraud Morgner’s Amanda
- Distinktionsstrategien im literarischen Feld und Aktualisierung tabuisierter Traditionen in der selbst verlegten Literatur der DDR in den 1980er Jahren
Summary
DER FOLGENDE TEXT geht von der Beobachtung aus, dass die kulturpolitisch angeleiteten Versuche, eine eigenständige DDRIdentität herauszubilden, schon lange vor 1989/90 gescheitert sind. In den 1980er Jahren beziehen sich kulturpolitische Veröffentlichungen der DDR zunehmend auf eine Idee der Einheit der kulturellen Überlieferung. Diese Idee artikulierte sich in einer Rhetorik, die das „Bewußtwerden der Verwurzelung der sozialistischen deutschen Nation in der ganzen deutschen Geschichte” anmahnte. Damit war der Versuch einer erbetheoretischen Legitimation deutscher Zweistaatlichkeit gescheitert, denn diese bezog sich auf eine Konzeption, die von der wesentlichen Heterogenität der kulturellen Überlieferung ausging. Die Vorstellung vom Erbe als „unteilbarer” Einheit stand von ihrer Logik her im Widerspruch zu den Versuchen, die staatliche Eigenständigkeit der DDR kulturell zu legitimieren.
Mit der Idee der Einheit der kulturellen Überlieferung scheint sich in der DDR ein kulturpolitisches Programm durchgesetzt zu haben, das in der Bundesrepublik seit den siebziger Jahren von konservativer Seite aus unter dem Titel der Einheit der deutschen „Kulturnation” betrieben wurde;4 in diesem Kontext steht auch die Konjunktur des Themas der „nationalen Identität” in der Bundesrepublik der achtziger Jahre.5 Mein Beitrag soll jedoch zeigen, dass das Konzept der Einheit der „Kulturnation” in der DDR nicht von außen übernommen wurde, sondern bereits in der Entwicklung eines Begriffs des „nationalen Kulturerbes” in Kulturpolitik und Wissenschaft der DDR angelegt war. Diese Deutung soll durch einen vergleichenden Blick auf Entwicklungstendenzen in der Erbetheorie und in der Literaturwissenschaft — hier vor allem der Germanistik — Evidenz gewinnen. Meine These lautet, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der erlebnis- und autonomieästhetischen Kritik an einem ideologiegeschichtlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Selbstverständnis der Literaturwissenschaft, wie sie von Vertretern einer „humanistisch-normativen” Ästhetik seit Ende der siebziger Jahre entwickelt wurde, und der Durchsetzung des Konzepts der Einheit des Erbes in der Erbetheorie. Denn die ideologiegeschichtliche Betonung des Klassencharakters der Literatur war ein literaturwissenschaftliches Theorem, das geeignet war, die erbetheoretische These von der Heterogenität der Überlieferung zu begründen. Dagegen eigneten sich Kategorien des klassenneutralen „Allgemein-Menschlichen”, mit denen autonomieästhetische Konzeptionen ihrer inneren Logik nach arbeiten müssen, dazu, diejenigen erbetheoretischen Positionen zu begründen, die letztlich auf die Idee der Einheit der kulturellen Überlieferung hinauslaufen.
Ich werde zunächst auf die Entwicklung der Erbetheorie in der DDR eingehen. In einem zweiten Schritt werde ich dann bestimmte Entwicklungstendenzen in der Literaturwissenschaft der DDR seit den siebziger Jahren darstellen. Im Anschluss sollen diese Entwicklungen auf Verschiebungen und Brüche in der Erbetheorie bezogen werden, um so den Zusammenhang von „humanistisch-normativer” Kritik an einem Verständnis von Literatur- als Gesellschaftswissenschaft und der Konzeption der Einheit des Erbes zu belegen. Zum Schluss soll zusammenfassend die systematische Bedeutung eines solchen Zusammenhangs angesprochen werden.
- Type
- Chapter
- Information
- Edinburgh German Yearbook 3Contested Legacies: Constructions of Cultural Heritage in the GDR, pp. 162 - 183Publisher: Boydell & BrewerPrint publication year: 2009