Book contents
- Frontmatter
- Acknowledgments
- Contents
- Introduction
- Die angenehme Straf
- Die schöne Krämerin
- Der blonde Eckbert
- Das Erdbeben in Chili
- Unverhofftes Wiedersehen
- Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl
- Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau
- Die Judenbuche: Ein Sittengemälde aus dem Gebirgichten Westfalen
- Bergkristall
- L'Arrabbiata
- Krambambuli
- Bahnwärter Thiel: Novellistische Studie
- Das Erlebnis des Marschalls von Bassompierre
- Der violette Tod
- Das Schiff
- Das Urteil
Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl
Published online by Cambridge University Press: 28 April 2017
- Frontmatter
- Acknowledgments
- Contents
- Introduction
- Die angenehme Straf
- Die schöne Krämerin
- Der blonde Eckbert
- Das Erdbeben in Chili
- Unverhofftes Wiedersehen
- Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl
- Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau
- Die Judenbuche: Ein Sittengemälde aus dem Gebirgichten Westfalen
- Bergkristall
- L'Arrabbiata
- Krambambuli
- Bahnwärter Thiel: Novellistische Studie
- Das Erlebnis des Marschalls von Bassompierre
- Der violette Tod
- Das Schiff
- Das Urteil
Summary
Es war Sommersfrühe, die Nachtigallen sangen erst seit einigen Tagen durch die Straßen und verstummten heut in einer kühlen Nacht, welche von fernen Gewittern zu uns herwehte; der Nachtwächter rief die elfte Stunde an, da sah ich, nach Hause gehend, vor der Tür eines großen Gebäudes einen Trupp von allerlei Gesellen, die vom Biere kamen, um jemand, der auf den Türstufen saß, versammelt. Ihr Anteil schien mir so lebhaft, daß ich irgendein Unglück besorgte und mich näherte.
Eine alte Bäuerin saß auf der Treppe, und so lebhaft die Gesellen sich um sie bekümmerten, so wenig ließ sie sich von den neugierigen Fragen und gutmütigen Vorschlägen derselben stören. Es hatte etwas sehr Befremdendes, ja schier Großes, wie die gute alte Frau so sehr wußte, was sie wollte, daß sie, als sei sie ganz allein in ihrem Kämmerlein, mitten unter den Leuten es sich unter freiem Himmel zur Nachtruhe bequem machte. Sie nahm ihre Schürze als ein Mäntelchen um, zog ihren großen schwarzen, wachsleinenen Hut tiefer in die Augen, legte sich ihr Bündel unter den Kopf zurecht und gab auf keine Frage Antwort.
“Was fehlt dieser alten Frau?” fragte ich einen der Anwesenden; da kamen Antworten von allen Seiten: “Sie kömmt sechs Meilen Weges vom Lande, sie kann nicht weiter, sie weiß nicht Bescheid in der Stadt, sie hat Befreundete am andern Ende der Stadt und kann nicht hinfinden.” — “Ich wollte sie führen,” sagte einer, “aber es ist ein weiter Weg, und ich habe meinen Hausschlüssel nicht bei mir. Auch würde sie das Haus nicht kennen, wo sie hin will.” — “Aber hier kann die Frau nicht liegen bleiben,” sagte ein Neuhinzugetretener. “Sie will aber platterdings,” antwortete der erste; “ich habe es ihr längst gesagt, ich wolle sie nachHaus bringen, doch sie redet ganz verwirrt, ja sie muß wohl betrunken sein.” — “Ich glaube, sie ist blödsinnig. Aber hier kann sie doch in keinem Falle bleiben,” wiederholte jener, “die Nacht ist kühl und lang.”
- Type
- Chapter
- Information
- An Anthology of German Novellas , pp. 47 - 78Publisher: Boydell & BrewerPrint publication year: 2003