Book contents
- Frontmatter
- Officers of the International Brecht Society
- Contents
- Editorial
- List of Abbreviations
- Critical Edition of Die Ausnahme Und Die Regel
- Helmut Heißenbüttel on Brecht
- Brecht and Gisela Elsner
- Brecht, Affect, Empathy
- Recycling Brecht: Part 2
- New Brecht Research
- Interview
- Book Reviews
- Notes on the Contributors
V-Effekte Und Andere Versuche, Die Wirklichkeit Zu Bewältigen: Gisela Elsner Und Bertolt Brecht
Published online by Cambridge University Press: 28 October 2020
- Frontmatter
- Officers of the International Brecht Society
- Contents
- Editorial
- List of Abbreviations
- Critical Edition of Die Ausnahme Und Die Regel
- Helmut Heißenbüttel on Brecht
- Brecht and Gisela Elsner
- Brecht, Affect, Empathy
- Recycling Brecht: Part 2
- New Brecht Research
- Interview
- Book Reviews
- Notes on the Contributors
Summary
Die Schriftstellerin Gisela Elsner (1937–92) dürfte der Brecht-Forschung bisher weitgehend fremd sein. Gisela Elsner war eine streitbare und umstrittene Autorin—und das gilt bis heute. Außer der internationalen Anerkennung ihres Erstlings Die Riesenzwerge (1964) hatte Elsner zu Lebzeiten kaum Erfolg mit ihren bitterbösen Gesellschaftssatiren. Bereits vor ihrem Freitod im Mai 1992 war die Autorin so gut wie vergessen. Doch dann erlangte sie als Mutter des Regisseurs Oskar Roehler durch dessen Film Die Unberührbare im Jahr 2000 langsam wieder Beachtung. Über die Bedeutung der Autorin Gisela Elsner und die Qualität ihrer Werke wird zwar bis heute gestritten, doch lässt sich nicht leugnen, dass Gisela Elsner als Satirikerin eine Sonderstellung im literarischen Feld der Bundesrepublik einnimmt—zumal unter den Autorinnen. Nicht umsonst wird Elsner heute rückblickend zuweilen als “große Schwester” Elfriede Jelineks bezeichnet.
Geboren in Nürnberg, einer Stadt, die—als Reichsparteitagsstadt und Redaktionssitz des Propagandaorgans Der Stürmer, später als Schauplatz der Nürnberger Prozesse—wie kaum ein anderer Ort mit dem Nationalsozialismus identifiziert wird, hat Elsner die Bundesrepublik Deutschland stets als Fremde betrachtet. Dem literarischen Programm des fremden Blicks auf die eigene Kultur ist Elsner bis zu ihrem Tod treu geblieben. Ihre Kritik richtete sich dabei im Wesentlichen auf das Fortbestehen menschenverachtender Strukturen in Zeiten eines postfaschistischen Kapitalismus. Als 1989 die Mauer fiel und kurz darauf die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten beschlossen wurde, brach für Elsner—Kommunistin und DKPMitglied— eine Welt zusammen: “Ich habe keinen Traum mehr,” stellte sie in einem Interview vom Dezember 1991 resigniert fest.
Ende Januar 1990 verfasste Elsner ihre “Flüche einer Verfluchten,” einen Text, der zu ihren Lebzeiten nicht veröffentlicht wurde, der 2011 erstmals in einem Band mit politischen Schriften im Rahmen der Elsner- Werkausgabe erschien. Der Titel bezeichnet präzise jene Grundlage des Fluches, die in einer “unauflöslichen Beziehung zwischen dem Verfluchenden und dem Verfluchten” besteht. Die unauflösliche Verbindung ist in diesem Falle die zwischen Elsner und Deutschland, dem Land ihrer Geburt—eine “Heimat” ist es ihr nie gewesen. Wenn Elsner sich selbst als eine Verfluchte begreift, so bezieht sich dies auf ihr Verhältnis zu Deutschland, jenes Land, “in dem geboren zu sein [sie] als einen Fluch” empfand.
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- Chapter
- Information
- The Brecht Yearbook / Das Brecht-Jahrbuch 43 , pp. 58 - 67Publisher: Boydell & BrewerPrint publication year: 2018