Aus den folgenden Anmerkungen zur mittelalterlichen Übersetzung von Galen De motibus dubiis geht einerseits die Beziehung der Schrift zum Gesamtwerk Galens klarer hervor; andererseits wird dabei die schon erwähnte Kenntnis, die Nemesius von dieser Schrift gehabt hat, ausführlicher belegt. Darüberhinaus belegen die nachfolgenden Anmerkungen eine Beziehung dieser Schrift Galens zu der Schrift De fato des Ps. Plutarch und zur stoischen Denkweise, wie ich sie in bezug auf den Timaioskommentar Galens schon anderswo angemerkt habe. Ein Zeugnis aus Theodoret belegt zusätzlich den nicht-christlichen Charakter der Ausführungen dieser Schrift. Andererseits scheinen sich die Erklärungen des Clemens Alexandrinus in Stromateis I, XVII: 53, 14 sqq. (sowie auch 60, 12 sqq.: τò αὐτόματον) gegen die Auffassung unserer Schrift, Seite 216, VII 38 sqq. zu richten. Zum Vergleich s. a. die christliche Stellungnahme zu diesen und ähnlichen Fragen bei Jo. Damascenus (nach Nemesius); vgl. De fide orthodoxa II, cap. 12–30 (PG 94: 925–80. Klar geht aus diesen Addenda auch hervor, daß die in dieser Schrift vertretene Lehre, oder besser die Lehre, die eine folgerichtige Erklärung für viele der Aussagen dieser Schrift liefert, eng 1) mit der Lehre, die aus den von mir erstveröffentlichten Fragmenten des Timaioskommentars Galens hervorgeht; und 2) mit der Lehre, die in Ps. Plutarch De fato entfaltet ist, und somit auch mit den betreffenden Partien aus Nemesius und Chalcidius zusammenhängt, wie ich es in bezug auf den Timaioskommentar Galens geschildert habe. Ihrerseits erhellen sich aus diesen drei sich gegenseitig erklärenden Schriften manche Ansichten, die uns aus Galens Gesamtwerk bekannt sind. Für Ps. Plutarch De fato ist eine Datierung in der Zeit Trajans oder vielmehr in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts (so Valgiglio 319) bislang akzeptiert worden. Ebenso ist die Zuweisung der Fragmente des Timaioskommentars an Galen bis jetzt nicht ernsthaft in Zweifel gezogen worden. Die vorliegende Schrift De motibus dubiis ist gleichfalls unter dem Namen Galens überliefert und soll dies auch bleiben, solange seine Urheberschaft nicht begründeterweise angezweifelt wird. Wir haben es also hier mit einer Lehre zu tun, die A. Gercke folgendermaßen trefflich charakterisiert hat: “im Anschlusse an Platon werden Naturordnung und Vorsehung gegliedert und geordnet und mit der Weltseele, den Himmelssphären, den drei Parzen und drei Götterklassen in Verbindung gesetzt. Aristoteles liefert logische Erörterungen über das Mögliche mit Beispielen; die Stoa wird zwar bekämpft oder vielmehr ihre Lehre eingeschränkt und umgebogen: aber vielleicht ohne daß der Verfasser sich dessen bewußt ist, verdankt er ihr ein gut Theil seiner Anschauungen” (vgl. auch Valgiglio 325 sq.).