Hostname: page-component-78c5997874-xbtfd Total loading time: 0 Render date: 2024-11-10T03:02:38.790Z Has data issue: false hasContentIssue false

Carl Heinrich Schnauffers Literarische Versuche

Published online by Cambridge University Press:  02 December 2020

Dieter Cunz*
Affiliation:
University of Maryland

Extract

Eine Geschichte der deutschen Dichtung in Amerika ist noch nicht geschrieben. Auf Grund der spärlichen Monographien in diesem Gebiet lassen sich vorläufig nur wenige allgemeine Gesichtspunkte erschließen: daß die deutsche Dichtung in Amerika während des 18. Jahrhunderts vornehmlich um religiöse Themen kreiste, daß das erste Drittel des 19. Jahrhunderts durch eine völlige poetische Windstille charakterisiert ist, daß in den dreissiger und vierziger Jahren mit dem Beginn der liberalen Emigration die deutsche Literaturproduktion des Landes neuen Auftrieb erhält und einen neuen Themenkreis anschneidet: die politische Dichtung. Die Achtundvierzigerwoge enthält einen besonders hohen Prozentsatz intellektueller Immigranten, viele, die mit der Literatur ihres Landes wohl vertraut sind, und einige, die mit mehr oder weniger Erfolg selbst die Feder in die Hand zu nehmen wagten.

Type
Research Article
Copyright
Copyright © Modern Language Association of America, 1944

Access options

Get access to the full version of this content by using one of the access options below. (Log in options will check for institutional or personal access. Content may require purchase if you do not have access.)

References

1 Neben ein paar älteren Teildarstellungen Über deutschamerikanische Literatur aus der vorigen und vorvorigen Generation (Heinrich Armin Rattennann, Julius Goebel, John Ernest Rothensteiner) seien hier nur zwei Aufsätze jüngeren Datums vermerkt: Ernst Jockers, Deutschamerikanische Dichtung, Der Auslandsdeutsche, xii (1929), i, 321–326, und Werner Leopold, Deutsche Lyrik und deutsches Volkstum in America, Zeitschrift für Deutschkunde, xiiil (1929), 532–536.

2 Es gibt nur zwei ausführliche biographische Skizzen über Schnauffer, beide von A. E. Zucker; der eine Artikel wurde geschrieben für das Dictionary of American Biography (New York, 1935), xvi, 444, der andere erschien in einem der Reports of the Society for the History of the Germans in Maryland (Baltimore, 1939), xxiv, 17 ff. Vgl. ausserdem die Jahrbücher der deutsch-amerikanischen Turnerei, herausgegeben von Heinrich Metzner (New York, 1892), i, 130 ff. und Gustav Adolf Zimmermann, Deutsch in Amerika (Chicago, 1894), s. 42.—Wie sehr Schnauffers Wirksamkeit vergessen wurde, beweist die Tatsache, daβ sein Name überhaupt nicht erwähnt wird in einem Buch, das die bisher beste Sammlung der Poesie der Achtundvierziger darstellt, Die Dichtung der ersten deutschen Revolution 1848–1849, herausgegeben von Elfriede Underberg (Leipzig, 1930). Es ist dies um so erstaunlicher, als diese Sammlung einen besonderen Abschnitt über den “Heckerputsch im April 1848 ”aufweist (pp. 83–90, 268–270), wo Schnauffer gewiss hätte zu Wort kommen müssen. Offenbar sind von dem 1879 in Baltimore erschienenen Gedichtband Schnauffers nur wenige Exemplare nach Deutschland gekommen; sonst ist es kaum erklärlich, dass sein Werk so völlig von der Zeit verschüttet wurde.

3 Zimmermann, op. cit., s. 42.

4 A. E. Zucker hat darauf hingewiesen, daß Schnauffer den Titel wahrscheinlich von einer gleichbenannten Gedichtsammlung des österreichischen Lyrikers Joseph Christian von Zedlitz (1790–1862) übernahm, daß sich dem Wesen nach jedoch die Schnaufferschen Gedichte mit ihrem mitreissenden, revolutionären Pathos stark von den melancholisch resignierenden Reimen Zedlitz' unterscheiden.—Der Verfasser besitzt noch ein Exemplar von Schnauffers Tolenkränzen, aus der vierten Auflage, erschienen 1851 in Baltimore, gedruckt bei Th. Kroh in der Druckerei des Baltimore Herold; davon abgesehen konnten nur noch zwei Exemplare der Totenkränze in öffentlichen Bibliotheken festgestellt werden: Peabody Institute of Baltimore, German Society of Philadelphia.

5 Der Band erschien 1879 in Baltimore im Verlag des Wecker; er war herausgegeben vom Bruder des Dichters, Wilhelm Schnauffer. Verschiedene Stücke aus den Totenkränzen wurden wieder aufgenommen; ausserdem enthält die Sammlung einige Gedichte aus dem Nachlaß, die bis dahin unveröffentlicht waren, d.h. auch im Wecker nie zuvor publiziert worden waren.—Auch von den Liedern und Gedichten gibt es nur noch wenige Exemplare.

6 Vgl. hierfür die noch ungedruckte, unter der Obhut von Professor Albert B. Faust verfasste Cornell University Ph.D. Dissertation von Herbert Schaumann “Grundzüge deutscher Lyrik in Amerika ”(1934), die dem Heimwehmotiv in der Lyrik des 19. Jahrhunderts ein besonderes Kapitel widmet.

7 Marion D. Learned, “The German-American Turner Lyric, ”Reports of the Society for the History of the Germans in Maryland, x (1896), 109 ff.—Die Zeile aus Schnauffers Turnerbund: ‘Geharnischte Naturen …‘ geht offensichtlich zurück auf Friedrich Rückerts Geharnischte Sonette. Kurz vor seinem Tod erhielt Schnauffer die Nachricht, daβ bei einem Dichterwettbewerb des Turnertreffens in Philadelphia dies Gedicht den ersten Preis bekommen hatte.—Ein paar von den Turnergedichten wurden von Charles Lenschow vertont.

8 Es erschien am I. Januar 1854 in Baltimore im Selbstverlag des Autors, gedruckt in der Druckerei des Weckers. Unseres Wissens sind nur noch vier Exemplare erhalten: je eins in den Bibliotheken von Yale University und der University of Wisconsin, eins im Besitz eines Nachkommen Schnaufiers in Philadelphia, das vierte im Besitz des Verfassers.

9 Louis P. Hennighausen, Reminiscences of the Political Life of the German-Americans in Baltimore during 1850–1860, in Reports of the Society for the History of the Germans in Maryland, vii (1893), 56.

10 Im Baltimore Wecker vom 4. Februar 1856 wird auf die für diesen Abend angesetzte Aufführung, die erste—und wohl auch einzige—in den Vereinigten Staaten hingewiesen. Schnauffers Drama ging der Aufführung von Kotzebues Brandschatzung voraus,—daher unsere Annahme, daß es nur ein kurzes, nicht abendfüllendes Stück war. Die Kritik der Aufführung (Wecker, 5. Februar 1856) ist vernichtend: die Darstellung habe von den grossen und edlen Absichten des Autors auch nicht das Allergeringste ahnen lassen.— Ueber die betreffende Theatertruppe vgl. A. E. Zucker, The History of the German Theatre in Baltimore, Germanic Review, xviii (1943), ii, 126.

11 Martin Koszta, ein ungarischer liberaler Flüchtling, war nach der Revolution von 1848 nach den Vereinigten Staaten gekommen. Er hatte schon seine First Papers, war aber noch nicht amerikanischer Bürger, als er 1853 eine Reise nach Smyrna in der Türkei machte, wo er auf Veranlassung des österreichischen Konsuls überfallen und auf ein österreichisches Schiff gebracht wurde. Er sollte dann nach Ungarn gebracht und dort abgeurteilt werden. Damals war gerade ein amerikanisches Kriegsschiff unter einem gewissen Kapitän Ingraham in den türkischen Gewässern; Capt. Ingraham intervenierte und nahm Koszta unter seinen Schutz. Daraufhin übergaben die österreichischen Konsulatsbanditen Koszta dem französischen Generalkonsul. Auf die energischen Vorstellungen des amerikanischen Staatssekretärs Marcy hin wurde Koszta endlich freigesetzt und kehrte nach New York zurück. Die öffentliche Meinung in Amerika nahm für viele Wochen lebhaftesten Anteil an dem Fall, und begreiflicherweise waren besonders die in Amerika lebenden Achtundvierziger an dem Ausgang des Streites interessiert.