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Inhalt und Funktion des Urchristlichen Osterglaubens

Published online by Cambridge University Press:  05 February 2009

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Es wird heute in der neutestamentlichen Forschung beider Konfessionen zwar nicht mehr einhellig angenommen, daΒ der urchristliche Glaube seinen Ansatz im Glauben an den auferstandenen Christus hat, die Rückführung des urchristlichen Glaubens auf den ‘historischen Jesus’ wird zunehmend vertreten, dennoch dürfen wir mit der Annahme, daΒ der urchristliche Glaube Ostern entstand, einsetzen, da unsere Untersuchung über die in I. Kor 15, 3–7 von Paulus zitierte Tradition eben diese Annahme bestätigen wird. Die ersten Christen glaubten an den Κúριος ησοũς χριστóς pios ‘li-aous Xpicrros, weil er ihnen als solcher erschienen war und nicht wegen einer Autorität, die der vorösterliche Jesus von Nazareth erworben hatte und die sich über seinen Tod hinüberrettete. Wenn wir diese von der formgeschichtlichen Forschung erarbeitete Position einnehmen, muΒ sich aber die Frage stellen, was dieser Glaube inhaltlich besagte. Wir können uns nicht damit zufrieden geben, daΒ er die Realität der Auferstehung bezeugt; denn welchen sachlichen Inhalt sollte der Glaube an einen Auferstandenen haben? Inwiefern ist mit Jesu Auferstehung der Tod besiegt, wie Paulus es I. Kor 15, 54 schreibt? Diese Frage hat die neutestamentliche Forschung bisher kaum berührt. Sie ist aber gerade darum in jüngster Zeit wesentlich geworden, da die Aussage von Jesu Auferstehung als urchristliches Glaubensbekenntnis mehr und mehr jeden Inhaltes entleert wurde. Wozu brauchten die ersten Christen die Aussage über Jesu Auferstehen, wenn sie nur‘die Sache Jesu’ weitergehen lassen wollten? Warum gaben sie ihm die Titel Kyrios und Christus, wenn nur seine Sache, die Verkündigung des kommenden Gottesreiches, weitergehen sollte? Es hatte genügt, ihn als Prophet wie es spater Rabbi Aqiba gegeniiber geschah. Wir haben darum alien Grund zu fragen, welcher spezifische Inhalt sich mit der Aussage I.

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1 Vgl. dazu die Darstellungen des Lebens Jesu von M. Dibelius (1939), G. Bornkamm (1956), H. Braun (1969), H.-W. Bartsch (1970) und anderen. Stets ist der urchristliche Glaube einsetzend mit dem Osterglauben Ansatz für die Analyse der urchristlichen überlieferung.

2 Die zuerst von U. Wilckens (Der Ursprung der Überlieferung der Erscheinungen des Auferstandenen, in ‘Dogma und Denkstrukturen’, 1963, S. 56 ff.) vorgetragene These, es handle sich um eine Legitimationsformel für Petrus und die anderen Zeugen, die dann von R. Pesch (‘Zur Entstehung des Glaubens an die Auferstehung Jesu’, Th.Qu. 1973, S. 201 ff.) dahin weiter entwickelt ist, daß diese Legitimationsformel keinerlei inhaltliche Bedeutung habe, überzeugt darum nicht, weil sich kein Text findet, der nachweist, daß eine derartige Legitimationsformel weiter Verwendung fand. Sollte diese Annahme zutreffen, müßte die frühe Christenheit bis in die zweite Generation die Träger der Autorität derart qualifizieren. Sie tut es aber nicht; den – wie zu zeigen sein wird-begegnet diese Wendung ἒφθη + Dativ (es ist besser, nicht gleich von einer Formel zu sprechen) in der Apg keineswegs als solche, sondern Lukas verwendet sie in seinem Werk in völlig anderer Funktion.

3 Das őτι-recitativum ist eingeklammert, weil es eventuell von Paulus im Anschluß an den Einleitungssatz selbständig eingefügt ist. Dies wird jedoch nicht allgemein angenommen. Den angegebenen Umfang der Überlieferung nehmen an Grass, H., Ostergeschehen und Osterberichte (2. erw. Aufl. 1962)Google Scholar; von Campenhausen, H., Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab (3. Aufl. 1966)Google Scholar, Bammel, während E., ‘Herkunft und Funktion der Traditionselemente in 1. Kor 15, 1–11’, Th.Z. (1955), S. 401 ffGoogle Scholar. bereits in diesem Text unterschiedliche Überlieferungselemente sieht, wie auch Wilckens, U., ‘Der Ursprung der Überlieferung der Erscheinungen des Auferstandenen’, in Dogma und Denkstrukturen (1963), S. 56 ffGoogle Scholar. Die Erkenntnis, daß Paulus hier Überlieferung zitiert, findet sich Straatmann, zuerst bei J. W., De realiteit van's Heeren opstanding uit de dooden (1862)Google Scholar. Seeberg, Seit A., Der Katechismus der Urchristenheit 1903Google Scholar; (Neuaufl. 1974) hat sie sich für die neutestament-liche Exegese durchgesetzt.

4 Vgl. die Literatur Conzelmann, bei H., Der erste Brief an die Korinther (1969), S. 294 f. und S. 300Google Scholar, zu V. 6: Bartsch, H.-W., ‘Die Argumentation des Paulus in 1. Cor 15, 3–11’, Z.N.W. (1964), S. 261–74Google Scholar. Die von Bultmann beanstandete ‘fatale Argumentation’ des Paulus (Kerygma und Mythos 1, 5. Aufl. S. 44 f.), die Auferstehung in V. 6 durch Zeugen erweisen zu wollen, ist als eine Fehldeutung dieses Satzes erwiesen, so auch Conzelmann a. a. O. z. St.

5 Vgl. Pesch, dazu R., ‘Zur Entstehung des Glaubens an die Auferstehung Jesu’, Th.Qu. (1973), S. 212 fGoogle Scholar. Die Annahme, daß Paulus durch eigene Redaktion die ihm bekannte Tradition wesentlich bestimmt hat, ist zwar in der Exegese kaum vertreten worden, da das Bemühen um eine Analyse unterschiedlicher Traditionen vorherrscht. Dennoch erscheint es berechtigt, eine solche Redaktion des Paulus zu erwägen, da er selbst als Ziel seiner Argumentation die Übereinstimmung der urchristlichen Predigt und des urchristlichen Glaubens in allen Gemeinden nennt. Deutlich ist der Eingriff des Paulus in die von ihm weitergegebene Tradition lediglich V. 6: ἒπειτα φθη έπεντακοσíοις δελφοīς ήφπαξ, ήξ ν οι πλείονες μήνουσιν έως άρτι, πνς δ κοιμήθησαν. Die Hinzufügung des zweiten Teil des Satzes ist von der Argumentation des Paulus her verständlich, während der vorhergehende Hauptsatz besser zu einer Gemeindetradition zu rechnen ist, in der auf die Erscheinung vor Kephas, vor dem Gremium der Jünger die vor der Gemeinde folgt, die in den 500 Brüdern repräsentiert ist.

6 Die nüchterne Analyse von M. Dibelius, ‘Jesus’, Göschen Bd. 1130 (1939 (1966)), S. 120 ff. ist noch immer unwiderlegt. Danach gab es für den Glauben an die Auferstehung Jesu zwar gewisse Vorbedingungen im pharisäischen Glauben: ‘Aber die ntlichen Berichte zeigen,…daß etwas eingetreten sein muß, was binnen kurzem einen völligen Umschlag der Stimmung der Jünger hervorrief… Dieses “etwas” ist der historische Kern des Osterglaubens’ Wir versuchen, dieses ‘Etwas’ näher zu bestimmen.Daß der Glaube an den auferstandenen Christus ohne jedes den Glauben begründende Ereignis entstanden sei, daß er wie R. Pesch a. a. O. annimmt, in dem durch den historischen Jesus vermittelten Glauben an seine Messianität gründet, ist eine unwahrscheinliche Annahme, die den ersten Christen innerhalb weniger Tage Reflexionen zumutet, die nur in der Gegenwart am Schreibtisch möglich sind. von Campenhausen, H., Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab (3. Aufl. 1963) sieht darum im Auffinden des leeren Grabes das den Glauben begründende EreignisGoogle Scholar. Jedoch bleibt auch bei dieser Annahme eine entsprechend folgernde Reflexion für die Jünger notwendig, die keineswegs zwingend war, wie die relativ späte Legende Jh. 20, 11 ff. zeigt. Diese Annahme Campenhausens hat darum wenig Anhänger gefunden.Die Schwierigkeit, diese Frage zu beantworten, darf daran gezeigt werden, daß J. Schniewind 1937 auf die Frage eines Studenten, wie diese Erscheinung geschehen sei, antwortete, es ließe sich dies nicht genau sagen, auf jeden Fall aber sei es nicht so gewesen, daß der Auferstandene den Jüngern wie vorher alltäglich begegnet sei, und sie hätten darauf nur so reagiert, als sei Christus eine Zeitlang fort gewesen: ‘Schön daß du wieder da bist’. Die Erscheinung sei also mehr als eine alltägliche Begegnung gewesen. Es geht darum, dieses ‘ mehr’ näher zu bestimmen.

7 Schmithals, Zuletzt W., ‘Der Markusschluß, die Verklärungsgeschichte und die Aussendung der Zwölf,’ Z.Th.K. (1972), S. 379–411Google Scholar. Diese Konstruktion ist nur möglich, weil eine besondere Bedeutung des ρθη garnicht erwogen wird.

8 Es ist willkürlich und nur in einem theologischen Postulat begründet, Michaelis, wenn W., Die Erscheinungen des Auferstandenen (1944) und Th. Wtb.N.T. v, S. 331 ffGoogle Scholar. die Erscheinungen Gottes lediglich als ‘Wortoffenbarungen’ interpretiert. Gerade weil das Sehen Gottes Ex. 33, 20 mit dem Tode bedroht ist, kommt dem ρθη besondere Bedeutung zh.

9 Die Ausnahmen werden gesondert zu untersuchen sein.

10 Vgl. dazu die instruktive Rendtorff, Studie von R.. ‘Die Offenbarungsvorstellungen im Alten Israel’, in Offenbarung als Geschichte (hgb. W. Pannenberg), (2. Aufl. 1963), S. 21 ffGoogle Scholar. Der hier verwendete Begriff von Offenbarung darf allerdings infrage gestellt werden, da es gerade bei der Kultätiologie mehr um die Vergewisserung der Gegenwart Gottes geht, die mehr als eine Offenbarung ist.

11 Einen indirekten Beleg dafür bietet die Entwicklung der griechischen Bibelübersetzung in späterer Zeit. Einerseits fällt in späterer Zeit die Scheu vor der Benutzung der Vokabel, Tob 12, 22 heißt es von Tobit und seinem Sohn: καì ξομολογοũυτο… ώς ϕθη αủτοīς άγγελος κυρíου. Im 1. Makkabäerbuch kann die Vokabel sogar völlig unspezifisch – tatsächlich jetzt nur eine Form des Verbums τóν – gebraucht werden (4, 6. 19; 6, 43; 9, 27) und ebenso 2. Makk 3, 25. Am deutlichsten ist der Wandel aber dort, wo wir den älteren LXX-Text mit jüngeren Abwand-lungen vergleichen können. Dafür bietet Dan 8, 1 in der Doppelfassung die Möglichkeit LXX: εϒους τρíϒου Βασιλεοντος Βαλτασαρ ρασις, ν εíδον έλδ δανιηλ; Theod.: ‘εν έτει τρíτῳ τς βασιλείας βαλτασαρ ὂρασις ὢφθη πρς με ήλω δ. Daß die LXX-Übersetzer hier bewußt vorgegangen sind, zeigt sich daran, daß sie das gleiche Verbum und die gleiche Form, die sie sonst mit ὢφθη übersetzen, hier anders wiedergeben, während sich Theodotion exakt an den Wortlaut des MT hält.

12 Die textkritische Schwierigkeit des MT weist auf die Problematik, vgl. Weiser, A.,‘Die Psalmen’, A.T.P. 14/15, (1966), S. 385.Google Scholar

13 Auch hier haben die LXX-Übersetzer in den Text eingegriffen. MT: ‘Die Berge sehen dich und erbeben…’ <LXX:!64/ovTai<re Kal ciSiWioouaiv Xaol.> Es geht den LXX- Übersetzern nicht um das kosmische Ereignis, sondern um die Völker, die Ökumene. Vgl. Elliger, dazu K., ‘Das Buch der zwölf kleinen Propheten’, A.T.D. 25 (1967), S. 52 f.Google Scholar

14 Die verschiedenen übersetzungen sind entnommen aus: Die Esra Apokalypse (IV. Esra) erster Teil, die Überlieferung hgb. von B. Violet (1910), S. 140 ff., die deutsche Übersetzung Gunkel, von H. in Kautzsch, E., Die Apoktyphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments, 11 (1900), S. 331 ffGoogle Scholar. Die Rekonstruktion des griechischen Textes unterscheidet sich von der, Hilgenfeld, die A., Messias Judaeorum (1869), S. 64 ff. gibt, der anstatt φθήσεται hier *ποκαλυφθήσεται setzt.Google Scholar

15 Rechnen wir zu den Verheißungen, die das Erscheinen des Herrn in seiner Doxa ankündigen, auch diejenigen, die wie Js 66, 18 verheißen ψονται τήν δξαν μου, (vgl. die übrigen Stellen) dann gewinnt Lohmeyers, die These E. in Galiläa und Jerusalem, FRLANT Heft 52 (1936), S. 10 ff.Google Scholar, die Vokabel ὂψεσθε sei terminus technicus für die Verheißung der Parusie Mk 14, 28//16, 7 und Mk 14, 62 Wahrscheinlichkeit. Wir haben den von ihm zur Begründung herangezogenen Stellen des NTs und Test Zeb 9, 8 weitere aus den AT-Verheißungen in der LXX-Fassung hinzugefügt. Diese These, von H. von Campenhausen (Ablauf der Osterereignisse, S. 48 Anm 193) als ‘bare Willkür’ zurückgewiesen, hat Marxsen, W., Der Evangelist Markus, FRLANT Heft 49 (1956), S. 73 ffGoogle Scholar. m. E. fruchtbar dahin weitergeführt, daß zZt des Markus, also beim Beginn des jüdischen Aufstandes 66–70 nChr, die Parusie mit Mk 16, 7 in Galiläa verheißen wird. Es wird damit also nicht die Jüngerflucht – die ‘Legende der Kritik’ – von Mk 14, 51 zur Voraussetzung genommen, sondern es wird unter Voraussetzung der Ersterscheinung vor Petrus, der darum besonders genannt wird, die vollendende Parusie-Erscheinung in Galiläa verheißen.

16 Lk 22,43 f. erfordert zunächst die textkritische Überlegung, ob diese Szene von dem Erscheinen des Engels vor Jesus in Gethsemane nach den Codices 75 A B T W als außerkanonische Überlieferung, die nachträglich hier eingefügt ist, zu streichen ist, oder ob sie mit S* D K L X δΘΠ* ψ als zum ursprünglichen Text zugehörig anzusehen ist (wir haben die zahlreichen Minuskeln, die für die Zugehörigkeit sprechen, nicht aufgeführt). Ebenso sprechen zahlreiche KVV-Zitate für die Ursprünglichkeit, wie die Tilgung durch Marcion den Grund für das nachträgliche Auslassen nennen könnte, das eindeutig für eine Reihe von Codices wie den Sinaiticus nachzuweisen ist: Die Szene widersprach dem inzwischen herrschenden Bild von Jesus, dem Sohn Gottes. Zudem ist die Szene gerade mit dem Erscheinen des Engels Zeichen für Verwurzelung nicht nur im AT, sondern Jesus erfährt dasselbe, was Abraham, Isaak und Jakob und Moses erfuhren. Diese Einbettung des Leidens Jesu in die Tradition des ATs wird für Marcion Grund für die Tilgung gewesen sein.

17 Darauf verweist auch E. Klostermann, Hdb.N.T. 5 (1929), S. 217, vgl. die Literatur bei Grundmann, W., Das Evangelium nach Lukas (2. Aufl. 1963), S. 410.Google Scholar

18 Es kann sich dabei durchaus um ursprünglich selbständige Überlieferung handeln, Metzger, wie B. M., A Textual Commentary on the Greek NT (1971), S. 177 annimmt, nur wird sie durch Lukas und nicht durch einen Interpolator eingefügt sein.Google Scholar

19 Rigaux, B., Dieu l'a ressuscité (1973)Google Scholar setzt in seinen Überlegungen bei diesem Stadium ein, ohne jedoch die vorhergehende urchristliche Vorstellung zu berücksichtigen.

20 Daß mit dem ‘Gesicht’ die Tradition des AT über ‘enthüllende Traumgesichte’ aufgenommen wird (Conzelmann, H., Hdb.N.T. 7 (1963)Google Scholar, S. 90) kennzeichnet lediglich die Vorstellungswelt. Wesentlicher ist, wie Lukas dieses ‘Gesicht’ von anderen unterscheidet. Damit in Zusammenhang darf auch das hier beginnende viel diskutierte ‘Wir’ gesehen werden. Es mag ebenso wie ὢψθη den entscheidenden Schritt kennzeichnen.

21 Vgl die Belege bei H. Conzelmann a. a. O. z. St. und E. Haenchen, Apostelgeschichte z. St.

22 Daß die Verheißung φθήσομαí Paulus als Empfänger ‘himmlischer Gesichte’ charakterisieren will (so E. Haenchen, a. a. O. S. 617) ist schon darum nicht möglich, weil kein weiteres Gesicht geschildert wird. Es wird damit aber auch die spezifische Bedeutung des Verbums verkannt. Dibelius, Die von M., Aufsätze zur Apg (1951), S. 83Google Scholar vorgeschlagene Tilgung des σοι und Korrektur des ψθήσομαι in ψφθήσεται die auch Haenchens Interpretation zugrunde liegt, ist bei Beachtung dieser spezifischen Bedeutung der Verbform nicht notwendig. Sie nimmt der Aussage das ihr eigene Gewicht.

23 Daß dieser Konflikt später entstand und zur Trennung der Christen vom Judentum führte, läßt sich an der Entwicklung der Perikope vom großen Gebot Mk 12, 28–34 innerhalb der Synoptiker zeigen. Vor allem zeigen die Parallelen, daß weder Mt 22, 37 noch Lk 10, 27 in der Antwort an den Schriftgelehrten wie Mk 12, 29 im Munde Jesu das Bekenntnis aus Dt 6, 4 zitiert wird: κουε σραήλ, κủριος θες ήμν κριος ες στιν. Daß Mt/Lk bewußt ändern, zeigt in der Einleitung die Hinzufügung, daß der Schriftgelehrte – bei Mt ein Pharisäer, bei Lk ein Gesetzeslehrer – seine Frage stellt, um Jesus zu versuchen. Vor allem aber tilgen beide die ganze zweite Hälfte des Lehr-gesprächs, das bei ihnen erst zum Streitgespräch wird. In keiner anderen Perikope findet sich eine Anerkennung des Schriftgelehrten, wie sie Mk 12, 34 bezeugt ist: ο μακρν ε π τς βασιλεíας τοũ θεοũ. (Vgl. zur literarischen Bultmann, Analyse R., Geschichte der synopt. Tradition (3. Aufl. 1958), S. 21Google ScholarDibelius, und M., Die Formgeschichte des Evangeliums (3. Aufl. 1959), S. 160.)Google Scholar Dieser tiefgreifende Eingriff in die Überlieferung läßt sich nur von daher verstehen daß der Widerspruch zwischen dem jüdischen Bekenntnis und dem ontologisch verstandenen Kyrios-Titel für Jesus unerträglich wurde. Die entschlossene Trennung vom Judentum zeigt sich an kaum einer Stelle so deutlich wie in der Tilgung eines Gesprächs Jesu mit einem Schriftgelehrten, das ihre ursprüngliche Nähe bezeugte.

24 Boussets, W. grundlegendes Werk Kyrios Christos (1913, Neuaufl. 1967)Google Scholar, das bis in die Gegenwart die Interpretation bestimmt, setzt faktisch mit einem bereits gewandelten Kyrios-Titel ein, wenn er den Kyrios als den in der Gemeinde gegenwärtigen Herrn im Unterschied zum eschatologischen Christus bezeichnet. Am Anfang der Urchristenheit steht nicht der Gottesdienst, sondem das gemeinsame Leben mit den Mahlen.

25 Vielhauer, Ph., Ev. Theol. (1965), S. 24 ffGoogle Scholar. weist darauf hin, daΒ in jüdischen LXX-Hand-schriften das Tetragramm unübersetzt bleibt, es geht uns aber um christliche Handschriften, wie auch Paulus sie benutzte.

26 So F. Hahn, Christologische Hoheitstitel, FRLANT Heft 83, S. 95 f.

27 Diese Annahme entnehme ich der LXX-Ausgabe hgb. A. Rahlfs, n (1935), S. 764 (Fußnote zu Thr 4, 20) und S. 488 (Fußnote zu Ps Sal 17, 32). Zu vermerken ist noch, daß Ps Sal 18, tit. und 18, 5. 7. eindeutig χριστς κυρíου zu lesen ist, eine Bestätigung für die christl. Korrektur in 17, 32, da nur dort die eschatologische Ausrichtung eindeutig ist.

28 Der Titel χριστς τοũ θεοθ nur Lk 9, 20 in Abwandlung des absoluten χριστς in der Mk Parallele (8, 29) und der Erweiterung Mt 16, 16 χριστς υθς τοτ θεοθ ντος. Da dieser Titel nicht wieder begegnet, vielmehr in der späteren Entwicklung die Bezeichnung als Gott auf Christus selbst übertragen wird (2. Pe 1, 1), darf angenommen werden, daß Lk 9, 20 alte Uuml;berlieferung wiedergibt.