Published online by Cambridge University Press: 05 February 2009
Das im vergangenen Jahr verstorbene Mitglied unserer Gesellschaft, der verehrte holländische Kollege Willem Cornelis van Unnik – mit meinem Lehrer Gerhard Delling in Halle verbunden durch das gemeinsame Projekt des Corpus Hellenisticum Novi Testamenti – hat es bei einer Gastvorlesung in Halle am 17. 11. 1966 als eine wichtige Aufgabe der Exegese beschrieben, ‘daß wir die Botschaft mit den Ohren eines Menschen des I. Jahrhunderts hören’ und dabei ‘dem Widerstand, den die christliche Predigt erregte, auf die Spur… kommen’. Man kann auch sagen, es gehe darum, das von Paulus gegebene Stichwort von der μωρία der Kreuzesbotschaft in den Ohren der ‘Heiden’ (I. Kor. 1. 23) mit dem seiner Zeit entsprechenden, also ‘synchronen’ Inhalt zu füllen. Wir dürfen den Prozeß der Ausbreitung des Evangeliums nicht ausschließlich von der Seite der Verkündigung und der Verkündigenden und ihrer Voraussetzungen her sehen, sondern müssen auch die andere Seite, die der Empfänger, in Betracht ziehen, etwa im Sinne der Fragestellung, die Wayne A. Meeks seinen soziologischen Erwägungen über die paulinischen Gemeinden zugrundelegt: ‘What was it like to become and to be an ordinary Christian in the first century?’ – wobei wir uns sofort dessen bewußt sein müssen, daß ‘this simplest of questions receives only vague and stammering replies’.
1 van Unnik, W. C., ‘Das Urchristentum in seiner hellenistischen Umwelt’, Wiss. Ztschr. Univ. Halle 18 (1969), Abt. G, Heft 1, 109–26, hier: S. 117.Google Scholar
2 W. A. Meeks, ‘Since then you would need to go out of the world: Group Boundaries in Pauline Christianity’, Paper for the 33rd General Meeting of the S.N.T.S., p. 2.
3 Im folgenden gehe ich nicht von soziologischen Überlegungen aus, versuche sie aber einzubeziehen. Welche neuen Einsichten sich für die Exegese bei einem solchen Ansatz ergeben können, zeign etwa die Arbeiten von Theißen zu den Korintherbriefen, G.: ‘Soziale Schichtung in der korinthischen Gemeinde’, ZNW, 65 (1974), 232–72Google Scholar; ‘Soziale Integration und sakramentales Handeln’, Nov Test 16 (1974), 179–206Google Scholar; ‘Legitimation und Lebensunterhalt’, NTSt 21 (1974/1945), 192–221Google Scholar; ‘Die Starken und die Schwachen in Korinth’, EvTh 35 (1975), 155–72.Google Scholar
4 ‘Die Philipper und das Leiden’, in Die Kirche des Anfangs (Festschrift für H. Schürmann) (Leipzig, 1977), 417–34.Google Scholar
5 Lohmeyer, E., Der Brief an die Philipper (MeyerK Ix, 1, 8. Aufl.), Göttingen, 1928Google Scholar (1930 erschien der Gesamtband MeyerK Ix, der auch den Kommentar zu Kol. und Philem. enthält). Zitat: S. 5 und 70.
6 Phil. I gehört m. E zum Brief B der drei im kanonischen Philipperbrief vereinigten Briefe, die ich (a. a. O. [s. Anm. 4], 420) ähnlich abgrenze wie Bornkamm, G. und andere, wobei ich mit Ph. Vielhauer (Geschichte der urchristlichen Literatur (Berlin/New York, 1975), 162)Google Scholar darin übereinstimme, daß sich über die Zuordnung einiger Verse, vor allem in Kap. 4, nichts Abschließendes wird sagen lassen.
7 Zur Art der Vorwürfe der römischen Bürger Philippis gegen Paulus nach Apg. 16. 20 f. vgl. van Unnik, W. C., ‘Die Anklage gegen die Apostel in Philippi’ (1964), in ders., Sparsa Collecta, 1 (Suppl. Nov Test 19) (Leiden, 1973), 374–85.Google Scholar
8 Für etwas breitere Darlegung verweise ich auf meinen in Anm. 4 genannten Aufsatz, S. 424–8.
9 Dazu vgl. Nauck, W., ‘Freude im Leiden. Zum Problem einer urchristlichen Verfolgungstradition’, ZNW, 46 (1955), 68–80CrossRefGoogle Scholar. Für die Zeit des i. Petr. nimmt Hill, D. (‘On Suffering and Baptism in I Peter’, Nov Test 18 (1976), 181–9)CrossRefGoogle Scholar an, daß der Hinweis auf unvermeidliche Leiden im Zusammenhang mit dem Christwerden inzwischen zu einem festen Bestandteil der Taufunterweisung geworden sei, und erklärt von daher das Thema des I. Petr. Auf eine feste Tradition solcher Unterweisung, die etwa aus dem (hellenistischen) Judentum übernommen wäre, nimmt Hill nicht Bezug.
10 Die Thora-Homilien Philons legen eine solche Annahme jedenfalls nicht nahe. Vgl. dagegen etwa die gut ‘hellenischen’ Ausführungen Philons über das Leiden in leg. all. iii, 201 f. oder cher. 75–82! Auch in Philons Schilderungen des Leidens der Juden in Alexandria ist nicht der Ton von Märtyrerfreude zu spüren: Flacc. 53–75 usw., bes. auch 117–19 (wo er die Situation an der Schwelle zur Beendigung der Not schildert).
11 Eher dürfte es gerade die Rücksicht auf die sozialen Gegebenheiten, insbesondere auf Verpflichtungen im städtischen oder staatlichen Dienst, gewesen sein, die manchen ‘Gottesfürchtigen’ vor dem eindeutigen Übertritt zum Judentum zurückhielt; die Unterstellung unter den Ausschließlichkeitsanspruch des Einen Gottes Israels – für die Diasporajuden ein zusammenhaltendes Gruppenmerkmal – bedeutete für Heiden einen tiefen Konflikt hinsichtlich ihrer sozialen Einbettung. Vgl. F. Siegert, ‘Gottesfürchtige und Sympathisanten’, JStJud iv (1973), 109–64, bes. 140 ff., sowie noch unten Anm. 35.
12 Beleg bei Siegert, a. a. O., 110 ff. – Vgl. auch die Warnungen an Proselyten vor dem Leiden, das sie erwartet, in Jeb. 47a (Billerbeck, 1, 110 f.), wohl aus der Zeit Hadrians (so nach W. A. Meeks [s. oben Anm. 2], Anm. 19).
13 Kümmel, W. G., Einleitung in das Neue Testament, 17. Aufl, (Heidelberg, 1963), 282Google Scholar; ebenso Gnilka, J., Der Philipperbrief, HerderK, x, 3 (Freiburg (bzw. Leipzig), 1968), 3.Google Scholar
14 Das wird im allgemeinen als zureichende Beschreibung der Absicht von Phil. 1. 12–26 angesehen; eine spezielle Beziehung auf 1. 27–30 wird meist gar nicht erwogen. Vgl. etwa Gnilka, a. a. O. (s. vorige Anm.), 54 (ff.) und 95 f.
15 So Gnilka, a. a. O., S. 95.
16 Die Wendung τ⋯ ύπ⋯ρ χριστο in V. 29a ist also kein ‘Motto’, keine Parole (E. Lohmeyer, a. a. O. S. 78: ein ‘Kampfes- und Siegesruf’), sondern ein Anakoluth, das erst nach der Zwischenschaltung von οs μόνον…⋯λλ⋯ καί weitergeführt wird.
17 Vgl. Burckhardt, J., Griechische Kulturgecchichte, Ausgabe von R. Marx (Leipzig, 1929), Bd. iii, 46–108Google Scholar, vor allem 65–86 über das Motiv des ⋯γών im hellenischen Menschenbild.
18 In Marburger theologische Studien (Rudolf Otto-Festgruß) (Gotha, 1931), Heft 1, 1–40Google Scholar; auch in von Soden, H., Urchristentum und Geschichte, 1 (Tübingen, 1951), 239–75Google Scholar, sowie in Das Paulusbild in der neueren deutschen Forschung, hrsg. Rengstorf, v. K. H.(Darmstadt, 1964), 338–79Google Scholar. Ich zitiere hier nach dem Erstdruck von 1931. Noch Ph. Vielhauer (oben Anm. 6), S. 141, und andere (s. unten Anm. 21) sehen die Einheit von I. Kor. 8–10 unter Berufung auf von Soden als erwiesen an.
19 So bei Merk, O., ‘Handeln aus Glauben’, Marb ThSt, 5 (Marburg, 1968), 122.Google Scholar
20 Beispiele: O. Merk, a. a. O., 122–9; Strecker, G., Handlungsorientierter Glaube (Stuttgart, 1972)Google Scholar, 20 mit Anm. 37 (auf S. 50); Thrall, M. E., NTS 34 (1977/1978), 148.Google Scholar
21 Conzelmann, H., Der erste Brief an die Korinther, MeyerK, v, II. Aufl. (Göttingen, 1969), 201 und 207Google Scholar. Die Notwendigkeit literarkritischer Konsequenzen sieht Conzelmann damit nicht als gegeben an; vgl. S. 162 f. sowie 15: ‘Auch der Komplex, der den stärksten AnstoΒ bereitet, Kap. 8–10, kann als Einheit verstanden werden’ (dazu verweist er in Anm. 27 auf H. von Soden; kritischer: 5. 207 Anm. 6). Doch ist mit dem Aufweis eines sachlich-theologischen gemeinsamen Nenners, auf den sich die paulinischen Aussagen bringen lassen (und den auch ich für durchaus möglich halte), die literarkritische Frage noch nicht entschieden.
22 So Ph. Vielhauer (s. oben Anm. 6), 141. Das ‘Kaleidoskop’ ist. jetzt übersichtlich zusammengestellt bei Schenke, H.-M. und Fischer, K. M., Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments, I (Berlin, 1978)Google Scholar, 99 (wobei zum ‘wir’ der Tabelle noch S. 106 f. Anm. 7 zu vergleichen ist!).
23 Vgl. H. Conzelmunn (s. Anm. 21), 2O9 G. TheiΒen (s. Anm. 3), EvTh xxxv (1975), 155 f.
24 H. Conzelmann, a. a. O. S. 176.
25 Die Belege bei Lietzmann, H. (Kümmel, -W. G.), An die Korinther I/II, HNT, ix, 4. Aufl. (Tübingen, 1949), 51Google Scholar. Doch scheinen mir diese Dokumente noch mehr zur Erhellung von 1. Kor. 8 beizutragen, als bei Lietzmann deutlich wird, der sie erst ZU 10. 21 f. zitiert.
26 Man denke auch an die offiziellen römischen Festmähler, die unter dem ‘Vorsitz’ festlich geschmückter Götterbilder stattfanden, aber im übrigen eher gesellschaftlichen als spezifisch kultischen Charakter hatten (Belege bei Lietzmann-Kümmel, HNT ix, 50 f.); vgl. weiter die ‘Bewirtung des Herakles’ (ebd. S. 50).
27 DaΒ es auch hierbei vor allem um Fleisch geht, zeigt die Überkonsequenz, die Paulus im Zweifelsfalle zu ziehen sich bereit erklärt: V. 13 b. Vgl. über die Gelegenheiten solcher öffentlichen Speisungen, die auch den Angehörigen der unteren Schichten eine Chance zum FleischgenuΒ boten: TheiΒen, G., EvTh 35 (1975), 160–2.Google Scholar
28 TheiΒen, G.(EvTh 35 (1975), 155–72)Google Scholar hat m. E. überzeugend dargestellt, daΒ es bei dem Gegensatz von ‘Starken’ und ‘Schwachen’ nicht um den zwischen Heiden- und Judenchristen geht, sondern um Gegensätze, die durch soziologische Schichtungen bedingt sind. (Heiden-) Christen aus den unteren Schichten, die nicht den gleichen Grad von ‘Aufgeklärtheit’ haben wie die Gebildeteren und für die FleischgenuΒ fast stets mit (halb-)kultischen Mahlzeiten verbunden war (vgl. die vorige Anm.), urteilten hier ängstlicher. – Wenn TheiΒen recht hat, muΒ man übrigens angesichts der ganz ähnlichen Verhältnisse in der römischen Gemeinde (Rörn. 14–15) keine besondere christliche Gruppe von ‘Starken’ annehmen, die etwa ihre Ansichten von Korinth nach Rom getragen hätte, sondern kann angesichts gleicher sozialer Bedingungen auf die Entwicklung ähnlicher Probleme schlieΒen.
29 Darauf weist die Wendung έν κυρίῳ ’lησο hin. Paulus spielt mehrfach gerade auf solche Jesuslogien an, die Jesu souveräne Kritik an konkreter Thora bzw. Halacha zum Inhalt haben; vgl. auΒer Röm. 14. 14 ( = Mk.7. 15) bes. I. Kor.7. 10 ( = Mk. 10. 2–9). Es dürfte sich um ‘Standardbelege’ der jüdisch-hellenistischen Christen, die Paulus zunächst verfolgt hatte, gehandelt haben. (Etwas anders liegt es bei i. Kor. 9. 14; dies ist eher em ‘Standardbeleg’ der Wandermissionare, gegen dessen Anwendung auf seine Person sich Paulus absetzt; vgl. dazu G. TheiΒen, NTSt xxi (1974/5), 192–221: Paulus gehört mehr dem Typ des ‘Gemeindeorganisators’ an.) Ich meine jedenfalls, daΒ sich begündet vermuten läΒt, warum Paulus gerade bestimmte Jesuslogien kennt. – Zu Mk. 7. 15 als Jesuslogion vgl. zuletzt H. Hübner, NTSt XXII (1975/6), 319–45.
30 Das zu akzeptieren fiel noch der vom Neukantianismus geprägten Generation R. Bultmanns und H. von Sodens offenkundig schwer; vgl. H. von Soden (s. oben Anm. 18), 33 f. und 37 f.
31 Aristides, ed. Dindorf, W.(Leipzig, 1829)Google Scholar; oratio viii = Aristides, ed. Keil, B., nur vol. ii, (Berlin, 1898)Google Scholar, oratio 45. Höfler, Dazu A., Der Sarapishymnus des Ailios Aristeides (Stuttgart/Berlin, 1935).Google Scholar
32 EvTh 35 (1975), 162Google Scholar. Vgl. dazu Höfler, a. a. O., 95: ‘Das Sarapismahl ist ohne Zweifel eine sakrale Begehung (Kultmahl) oder steht, im weiteren Sinne aufgefaΒt, wenigstens mit einer solchen in naher Verbindung.’ Doch dann stellt auch Höfler fest: ‘Freilich die Einladungen…haben durchweg privaten Charakter, und das Verhältnis zum Tempelkult ist aus ihnen nicht ersichtlich.’
33 Vgl. TheiΒen, G., EvTh 35 (1975), 155Google Scholar und 162 ff.
34 Vgl. oben S. 424. – Sogar nach rabbinischen Autoren wird den Gottesfürchtigen nicht das Bekenntnis zu dem Einen Gott abverlangt, mit der Begründung, daΒ es nicht zu den Noachidischen Geboten gehört. Das gleiche gilt für die Einhaltung des Sabbaths. Vgl. F. Siegert (s. oben Anm. II), 140–7 und 124 f.
35 Vgl. TheiΒen, G., ZNW 65 (1974), 264–6Google Scholar, und EvTh 35 (1975), 157 (mit Anm. 2)Google Scholar, unter Verweis auf Kuhn-H., K. G.Stegemann, Art. ‘Proselyten’, PW Suppl. 9 (1962), 1248–83Google Scholar, bes. 1266 f.; auch F. Siegert (s. oben Anm. II), 140 f.
36 Vgl. Nilsson, M. P., Geschichte der griechischen Religion, ii (München, 1950), 408–10; 546–52.Google Scholar
37 Vgl. Reitzenstein, R., Die hellenistischen Mysterienreligionen (Leipzig/Berlin) 3. Aufl. 1927Google Scholar ( = Darmstadt, 1956), 28–30. – Den Juden hingegen hatte die Septuaginta durch einen Zusatz in Dtn. 23. 18 die Teilnahme an heidnischen Mysterien ausdrücklich untersagt (vgl. dazu Philon, spec. leg. 1, 319–23 und öfter).
38 Vgl. oben bei Anm. ii und die Literaturhinweise in Anm. 35.
39 Zu παραʒηλον und der Bedeutung von Dtn. 32 für Paulus vgl.J.-Chr. von Kölichen, , ‘Die Zitate aus dem Moselied Deut. 32 im Römerbrief des Paulus’, Theologische Versuche, v (Berlin, 1975), 53–69.Google Scholar
40 W. G. Kümmel sieht in (Kap. 9 und) 10. 1–13 eine exkursartige Unterbrechung eines ‘zusammenhängenden Themas’, also des Zusammenhangs von 8. 1–13 und 10. 14–11. 1 (Einleitung [s. oben Anm. 13], 234). Auch H. Conzelmann meint, trotz des διόπερ (V. 14) sei ‘eine genaue gedankliche Verknüpfung mit dem vorausgehenden Abschnitt [scil.: also von 10. 14–22 mit 10. 1–13] kaum zu erkennen’ (MeyerK, v [s. oben Anm. 21], 201). Mir scheint dagegen ein ganzes Gewebe von Verknüpfungen zwischen beiden Abschnitten zu bestehen.
41 Das internationale ‘Greek New Testament’ dagegen nimmt beide Abschnitte sachgemäΒ unter der Überschrift ‘Warning against Idolatry’ zusammen.
42 Die Einzelheiten zu 10. 1–4 müssen her nicht erörtert werden.
43 DaΒ es in I. Kor. 10. 1–13 ‘um ethische Fragen geht’, wird im AnschluΒ an H. von Soden (s. oben Anm. 18) weitgehend vorausgesetzt, z. B. auch bei Dinkler, E., ‘Die Taufaussagen des Neuen Testaments’, in Zu Karl Barths Lehre von der Taufe (Gütersloh, 1971), 60–153Google Scholar (Zitat: S. 87 im Zusammenhang mit S. 89–91). Vgl. ferner oben Anm. 19 und 20, aber dagegen die nächste Anm.
44 Auch das πορνεύειν (V. 8) meint in diesem Zusammenhang gemäΒ biblischer Metaphorik (vgl. Hauck, F. / Schulz, S., ThWB, 6, 586 f.)Google Scholar das Abgleiten in den Götzendienst (in Num. 25 geht der Götzendienst Hand in Hand mit dem Huren mit den Moabiterinnen; auch Sap. Sal. 14. 12 und 22–7 stellt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen beidern her). Paulus spricht hier nicht von den geschlechtlichen Verirrungen, von denen in Kap. 5 und 6 die Rede war (gegen H. Conzelmann und andere Ausleger zu I. Kor. 10. 6–9).
45 Wie nahe das liegt, zeigen 100 Jahre später – in der Absicht scharfer Abgrenzung – Justin (apol. 1, 62 1–2; 66, 4; vgl. dial. 70) und nach ihm andere Kirchenväter mit der bekannten Behauptung, daΒ Taufe und Herrenmahl in den Mysterien teuflisch nachgeäfft würden.
46 Es geht mir also keineswegs um die Behauptung, daΒ das paulinische (oder vorpaulinische) Verständnis des Herrenmahls oder das urchristliche Herrenmahl selbst in Anlehnung an oder unter dem EinfluΒ von Mysterienkulthandlungen entstanden bzw. ausgebildet worden sei (vgl. dazu Nock, A. D., ‘Hellenistic Mysteries and Christian Sacraments’, Mnemosyne, 4. ser. 5 (1952), 177–213CrossRefGoogle Scholar, bes. 197 und 200). Mit Recht weist man solcher These gegenüber auf das Fehlen wirklich entsprechender ‘Vorbilder’ in den Mysterien hin. Aber es muΒ der reigiöse Kontext beachtet werden, in den die urchristliche Herrenmahlfeier spätestens in Syrien, Kleinasien und Griechenland eintrat. Ähnlich unterscheidet auch Hengel, M., Der Sohn Gottes, 2. Aufl. (Tübingen, 1977), 48 f. Anm. 56.Google Scholar
47 So sieht Neuenzeit, z. B. P.(Das Herrenmahl (München, 1960)Google Scholar, 62) in den beiden Versen einen ‘Exkurs über die Einzelzüge des Eucharistieverständnisses’, in V. 17 eine ‘Parenthese’ (a. a. O. S. 219). Praktisch hatte auch E. Käsemann in seinem Aufsatz über ‘Anliegen und Eigenart der paulinischen Abendmahlslehre’ (1947/8; in ders., Exegetische Versuche und Besinnungen, 1 (Göttingen, 1960), 11–34)Google Scholar nicht anders exegesiert.
48 Über den Sinn der Teilnahme am Herrenmahl wird also in der von Paulus benutzten **Deuteformel etwas ähnliches ausgesagt wie in der von Paulus aufgenommenen (und modifizierten) Taufdeutung Röm. 6. 3–8: Der Teilnehmende wird einbezogen in die heilvolle Wirkung des Sterbens Jesu Christi. Anders E. Käsemann (s. vorige Anm.), der die ‘Frage, ob das Abendmahl nach Paulus Anteil am sterbenden oder am erhöhten Herrn gäbe, eindeutig im letzteren Sinne’ entschieden sieht (S. 16); die Elemente ‘repräsentieren’ diesen erhöhten Herrn (S. 28).
49 So mit Recht Kümmel, W. G., HNT, 9 (s. oben Anm. 25), 181 f.Google Scholar, gegen H. Lietzmann und andere. Auch der Aufsatz von Dölger, F. J., ‘Der Kelch der Dämonen’ (in ders., Antike und Christentum, 4 (Münster, 1934), 266–70)Google Scholar, ergibt, daΒ es für das antike Empfinden bis ins 4. Jahrhundert hinein gar nicht primär um den Gedanken einer (magisch-mystischen) ‘Vereinigung’ mit der Gottheit geht, sondem um Tischgemeinschaft mit ihr, d. h. um den Ausdruck der Zugehörigkeit zu der betreffenden Gottheit.
50 In diesem Sinne kann man auch für Paulus von ‘Sakramentsrealismus’ sprechen; die Teilnahme am Herrenmahl ist ein Akt von eminenter Bedeutung mit höchst realen Konsequenzen: vgl. auΒer 10. 21 f. auch 11. 29 f. – Zur sozialen Dimension dieser Konsequenzen s. oben S.424 mit Anm. 11.und S.429.
51 Vgl. oben Anm. 47.
52 Die verbreitete ekklesiologische Interpretation von 10. 17, die in populärer Weiterentwicklung bisweilen dahin entartet, daΒ im Herrenmahl wesentlich die Selbstdarstellung der sich versammelnden Gruppe gesehen wird, hängt mit der Isolierung der Verse zusammen (s. oben bei Anm. 47), die nicht darauf achtet, worauf Paulus im folgenden hinauswill.
53 Im Rahmen unseres Abschnittes sind μετέΧειν τινός und κοινωνία τινός bzw. κοινων⋯ς εϊναι (γίνεσθαι) τινός praktisch synonym, wie die Parallelität in V. 16/17/ 18 und in V. 20/21 zeigt.
54 In Did. 9. 4 geht es urn das eschatologische Zusammengebrachtwerden der jetzt zerstreuten Kirche. Wollte man i. Kor. 10. 17 a für sich nehmen, so könnte man – wie es meistens geschieht – die Vereinigung der vielen ‘Glieder’ zu dem einen ‘Leib (Christi)’ ausgesagt finden. Aber der interpretierende (γάρ!) Satz V. 17b zeigt, daΒ die Klimax des Bildes umgekehrt verläuft.
55 Den Gedanken von der Kirche als dem ‘Leib Christi’ an unserer Stelle schon vorauszusetzen, scheint mir nicht begründbar zu sein. Die Wendung σ⋯μα το Χριστο (V. 16) wird von Paulus keineswegs ‘ausnahmslos’ ekklesiologisch gebraucht, in genau dieser Fassung (mit Artikel) sogar nirgends (gegen Kümmel, W. G., HNT, 9 [s. oben Anm. 25], 182)Google Scholar. Hier ist, genau wie in Röm. 7. 4, der am Kreuz getötete Jesus Christus (‘in Person’) gemeint. Vgl. auch I. Kor. 6. 15 (–20), wonach τάσὡματα μ⋯ν die μέλη (!) χριστο έστιν. Man mag vielmehr eher sagen, daΒ an solchen Stellen sowie in bestimmten Taufdeutungsaussagen die Quellen des ekklesiologischen Begriffs vom σω0303;μαχριστο liegen, wie er von Paulus – unter der zusätzlichen Einwirkung des populären Organismus–Bildes! – in i. Kor. 12. 12 und 27 sowie in Röm. 12. 5 ansatzweise entwickelt wird. So formelhaft wie meist angenommen liegt der ekklesiologische ‘Begriff’ σ⋯μα χρισιο in den (echten) Paulinen ja noch gar nicht vor.
56 Der Imperativ βλέπετε ruft zum Reflektieren eines unmittelbar wahrnehmbaren Sachverhalts auf (vgl. I. Kor. 1. 26; 3. 10; 8. 9; 10. 12; 16. 10) und verweist nicht auf Entferntes. Der Vers 18a ist weder auf den folgenden noch auf den vorangehenden Satz unmittelbar bezogen, sondern auf den Duktus des Zusammenhangs insgesamt.
57 Solche Belege lassen sich in Wahrheit nicht geben, wie schon H. von Soden (s. oben Anm. 18), 8 mit Anm. I, feststellte – was ihm aber offenbar kaum jemand geglaubt hat. Vgl. aber F. Hauck (im Artikel κοινων⋯ς κτλ., ThWB, iii, 802), der feststellt, daΒ es im Alten Testament – trotz eines in diese Richtung gehenden Empfindens – nicht zur direkten Aussage einer κοινωία mit Gott im Kultmahl kommt. Natürlich ist es für Paulus (I. Kor. 9. 13 vgl. auch Hebr. 13. 10) wie für jeden Juden selbstverständlich, daΒ die Opfernden auch von dem essen, was am Altar dargebracht wird (vgl. Exod. 24. 4–11; Lev. 2. 3, 10; Dtn. 12. 4–28; 18. 1–8 usw.). Aber damit 1st noch keineswegs die Anschauung gegeben, daΒ durch solches Essen Gemeinschaft mit Jahwe hergestellt würde. Die in den Kommentaren vor allem aus Philon zitierten Stellen zeigen gerade nicht die genuin biblische Auffassung, sondern lassen erkennen, wie weit ein hellenistischer Jude sich auf die in seiner Umwelt gängigen Vorstellungen einlassen konnte. Vgl. wiederum Hauck, F., ThWB, 3, 803Google Scholar. 34 ff. Unter den rabbinischen Belegen scheint Pirqe Aboth 3. 3 (R. Simeon, Mitte 2. Jahrh.; zit. bei Billerbeck III, 419 f.) dem Gedanken nahezukommen; aber Rabbi Simeon spricht nicht von Opfermahlen, sondern von normalen Mahlzeiten mit und ohne Thoraworte.
58 Nach Apg. 18. 7 liegt das Haus des ‘gottesfürchtigen’ Titius Justus, in dem Paulus seine Predigttätigkeit nach der Ausweisung aus der Synagoge fortsetzte, unmittelbar neben dieser.
59 Vgl. oben S. 424 mit Anm. II; ferner Anm. 34.
60 Vgl. oben Anm. 57.
61 Belege bei H. Lietzmann, HNT, ix (s. oben Anm. 25), Exkurs S. 49–51, darunter die Stelle aus der schon oben (bei Anm. 31) erwähnten Rede des Ailios Aristeides auf Sarapis (or. viii, p. 93 f. D. = or. 45. 27 K.), die TheiΒen, G.(EvTh 35 (1975), 162)Google Scholar zitiert; zum halb privaten, halb kultischen Charakter dieser Mahle vgl. A. Höfler (s. oben Anm. 31 f.).
62 So Hauck, F., ThWB, 3, 805, 30.Google Scholar
63 Wie ganz ‘unhellenistisch’ der Gedanke einer exklusiven ‘Kirche’ ist, war einem Religions- geschichtler wie R. Reitzenstein völlig klar; der Gedanke ist ‘nur aus dem Judentum einigermaΒen zu begreifen’ (Mysterienreligionen [s. oben Anm. 37], 30 f. mit Anm. i). Zum Problem der Span. nung zwischen gruppenspezifisch bedingter Selbstabgrenzung und missionarischer Offenheit der paulinischen Gemeinden gegenüber der ‘Welt’ vgl. jetzt W. A. Meeks in dem in Anm. 2 genannten Vortrag.
64 Zu der Anspielung auf Dtn. 32. 21 vgl. oben S. 430 mit Anm. 39.
65 Noch für die im Kolosserbrief angeredete Gemeinde war die Exklusivität des Christusverhältnisses so wenig selbstverständlich, daΒ die Christen offenbar meinten, auch die ‘Weltelemente’ verehren zu können, ja zu sollen. Vgl. H. D. Betz, ‘The Mithras Inscriptions of Santa Prisca and the New Testament’, NovTest x (1968), 62–80, bes. 65 f.; ähnlich Lohse, E., Die Briefe an die Kolosser und an Philemon, MeyerK, 9, 2 (Göttingen, 1968), 190 f.Google Scholar
66 Andeutungen in dieser Richtung z. B. bei H. Lietzmann (HNT, IX, 46 f.), ausgebaut bekanntlich vor allem durch Schmithals, W., Die Gnosis in Korinth, FRLANT, 66 (Göttingen, 1956), 2. Aufl., 1965Google Scholar (zu Kap. 10: S. 86 f., 212–15, 336 f.).
67 So bezeichnet die ‘Gegner’ des Paulus etwas allgemeiner H. Conzelmann, MeyerK, v (s. oben Anm. 21), 28–31.
68 DaΒ die Gnosis eher in den ‘höheren’ Schichten der Gesellschaft zu Hause ist, setzen TheiΒen, G.(EvTh 35 (1975), 166–9)Google Scholar und andere sicher zu Recht voraus; vgl. noch Pokorný, P., ‘Der soziale Hintergrund der Gnosis’, in Gnosis und Neues Testament, hrsg. v. Tröger, K.-W. (Berlin bzw. Gütersloh, 1973), 77–87Google Scholar, sowie jetzt K. Rudolph, Die Gnosis (Leipzig bzw. Göttingen, 1977), 222–8 und 308–12, der freilich auch eine Resonanz dieser Bewegung in den ‘unteren’ Schichten gegeben sieht.
69 Die Stellen bei H. Lietzmann, HNT, ix, 46 f., und TheiΒen, G., EvTh 35 (1975), 165 fGoogle Scholar. – Mit Recht wendet sich jetzt auch H.-M. Schenke (Einleitung [s. oben Anm. 22], 100–5) energisch gegen die These von einer ‘Einheitsfront’, mit der es Paulus in Korinth (und anderswo) ständig zu tun gehabt haben soll, und nennt (S. 95) unter den ‘vier Kräfte(n), deren Wechselspiel die Korinther ausgesetzt sind’, auch den ‘EinfluΒ der heidnischen Vergangenheit und Umgebung’.
70 Vgl. dazu von Dobschütz, E., Die Thessalonicher-Briefe, MeyerK, x, 7. Aufl. (Göttingen, 1909), 2–6Google Scholar, der auf die Darstellung des Hintergrunds bei P. Wendland hinweist (Die hellenistischrömische Kultur [HNT, 2], 2./3. Aufl. (Tübingen, 1912) [bzw. 4. Aufl. 1972], 39–41, 67–72 und 81–96); ferner Georgi, D., Die Gegner des Paulus im 2. Korintherbrief, WMANT, 11 (Neukirchen, 1964), 221–34.Google Scholar
71 Das heiΒt bekanntlich nicht, daΒ die Stoa gegen die traditionellen Kulte polemisiert hätte; vgl. etwa die Haltung Plutarchs zur überkommenen Religion, geschildert bei M. P. Nilsson (s. oben Anm. 36), 11, 383–94.
72 Vgl. Nilsson, a. a. O., 311–29; A. D. Nock (s. oben Anm. 46), 197. Man denke auch an die – doch gewiΒ als typisch gemeinten – Schilderungen volkstümlicher Religiosität in der Apostelgeschichte (14.4–18; 16. 16–20; 19. 19; 19. 23–40), wozu noch die Hinweise auf jüdische Beschwörer und Magier kommen (8.9–24; 13. 6–12;19. 13–17). Demgegenüber spielt diephilosophische Religiosität cine von Lukas zwar herausgehobene, aber aufs Ganze gesehen doch geringe Rolle (Apg. 17. 18–34); das gilt noch mehr von der Gnosis, falls der Samaritaner Simon (Apg. 8. 9–28) überhaupt dafür in Frage kommt; vgl. dazu die Darstellung der Diskussion bei Rudolph, K., ThR, NF, 42 (1977), 279–359.Google Scholar
73 So mit Recht z. Käsemann, B. E., An die Römer ‘HNT, 8a (Tübingen, 1973), 312Google Scholar. Röm. 12. 1 gehört also nicht in die Linie prophetischer Kritik am Kult der eigenen Gemeinschaft (Amos 5.21; Hosea 8;Jes. 1. 11–17 usw.) hinein.
74 Käsemann, E., ‘Gottesdienst un Alltag der Welt’ (1960), in ders., Exegetische Versuche und Besinnungen, 2 (Göttingen, 1964), 198–204.Google Scholar
75 Belege bei Lietzxnann, H., An die Römer, HNT, 8, 3. Aufl. (Tubingen, 1928), 108 f.Google Scholar; ferner Wenschkewitz, H., Die Spiritualisierung der Kultusbegriffe Tempel, Priester und Opfer im Neuen Testament (Leipzig, 1932), 125–7.Google Scholar
76 Gegen Lietzmann und Wenschkewitz (s. vorige Anm.) und Käsemann (s. Anm. 73), 313 f.
77 Es ist also nicht zu übersetzen ‘vernunftgemaΒ, vernünftig’, sondern – im eher stoischen bzw. jüdisch-hellenistischen Sinne – ‘dem λ⋯γος der gottgesetzten (Welt-)Ordnung entsprechend’.
78 Von älteren Autoren reflektiert darüber ausdrücklich Windisch, H., Der zweite Korintherbrief, MeyerK, 6, 9. Aufl. (Göttingen, 1924), 191 f.Google Scholar; von neueren: Delling, G., ‘Der Tod Jesu in der Verkündigung des Paulus’ (1964), in ders., Studien zum Neuen Testament und zum hellenistischen Judentum (Berlin bzw. Göttingen, 1970), 336–46, bes. 339 fGoogle Scholar. (‘Es ist unbegreiflich, was hier geschieht…’), auch J–ngel, E., Tod (Stuttgart, 1971), 143 fGoogle Scholar. – Im allgemeinen aber wird das Überraschende der paulinischen Wendung nicht betont (vgl. z. Käsemann, B. E., ‘Erwägungen zum Stichwort “Versöhnungslehre im Neuen Testament”, in Zeit und Geschichte [Dankesgabe an R. Bultmann] (Tübingen, 1964), 47–59, bes. etwa 49 f.)Google Scholar, nicht selten ganz eingeebnet (so etwa bei H. Lietzmann, HNT, ix [s. oben Anm. 25], 126, der zu 2. Kor. 5. 19 geradezu sagt: durch den EntschluΒ, die Sünden nicht anzurechnen, beseitigte Gott ‘die “Feindschaft” und den “Zorn” auf seiner Seite, d. h. er versöhnte sich’!).
79 Büchsel, F., Art. καταλλάσσω κτλ., ThWB, 1, 254–9, bes. 254.Google Scholar
80 F. Büchsel, a. a. O. 254 (Josephus verwendet in diesem Zusammenhang übrigens öfter διαλλάσσειν; Büchsel, ebd. 235, 32 ff.). Nicht anders ist der Befund bei den Rabbinen (vgl. Billerbeck, 111, 519 f.).
81 Vgl. zu Röm. 3. 25 f. zuletzt Stuhlmacher, P., ‘Zur neueren Exegese von Röm. 3. 24–26’, in Jesus und Paulus (Festschrjft für W. G. Kümmel) (Göttingen, 1975), 315–33.Google Scholar
82 Das Imperfekt ἧν mit Partizip umschreiben B1aΒ–Debrunner–Rebkopf (Grammttik des neutestamentlichen Griechisch, 14. Aufl. (Göttingen, 1976), §353, Anm. 7) so: ‘wie es ja feststeht, daΒ Gott es war, der…’.
83 Zu διάκονος etwa im Sinne von ‘Sonderbevollmächtigter’ vgl. D. Georgi, Gegner (s. oben Anm. 70), 31–8.
84 So ist die Bitte Gottes um Versöhnung also eine paulinische Transformation des Rufes zur μετάνοια (dazu bei Paulus Röm. 2. 4 und 2. Kor. 7. 9 f.), die die Vorherrschaft der Gnade radikal zum Ausdruck bringt.
85 Vgl. etwa das Zitat aus der Exegese Lietzmanns, oben in Anm. 78. – Welche Mühe die Dogmatik mit dem hier vorliegenden Problem der Verknüpfung verschieden gerichteter Vorstellungen in der Lehre von der Versöhnung hat, mag man etwa bei Weber, O.(Grundlagen der Dogmatik, 2 (Neukirchen, 1962), 203–18)Google Scholar sehen, der zwischen ‘Versöhnung’ (reconciliatio) und ‘Versühnung’ (propitiatio bzw. satisfactio) unterscheidet und von da aus die dogrnatische Tradition im Kontakt mit der Exegese zu entwirren sucht.
86 (Strack, H. L.und) Billerbeck, P., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch, 3 (München, 1926), 519.Google Scholar
87 DaΒ Gott als der άπροσδεής eigentlich auf allen Kultverzichten kann, ist griechischer Philosophie seit alters geläufig und auch dem hellenistischen Judentum selbstverständlich (vgl. z. B. 2. Makk. 14. 35; 3. Makk. 2.9; oft bei Philon, z. B. det. pot. 54. f.; leg. all. I. 44; Cher. 44, 119, 123; deus imm. 56 f.; auf dieser Linie liegt im Neuen Testament bekanntlich Apg. 17. 25a). Vgl. auth die Ambivalenz heidnisch-religiösen Denkens, wie sic sich etwa angesichts der Begriffe lλάσκεσθαι (Büchsel, F., ThWB, 111, 312)Google Scholar oder ⋯ργἠ (Kleinknecht, H., ThWB, 5, 384–92)Google Scholar darstellt: daΒ die Götter ‘zürnen’ und ‘versöhnt werden’ müssen, ist populärer Vorstellung ebenso selbstverständlich, wie es den Philosophen unvernünftig erscheint. An solchen Beispielen wird deutlich, wie wenig der Glaubean den Einen Gott Israels, den Vater Jesu Christi, in die eine oder die andere LiniehineinpaΒt.