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Aspekte Polnisch-Jüdischer Beziehungen in Lublin, 1918–1924
Published online by Cambridge University Press: 20 November 2018
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Die Stadt Lublin war in den letzten Jahren das Objekt umfassenderer Arbeiten. Wenn aber selbst die allgemeine Geschichte Lublins in der Zwischenkriegszeit im Unterschied zur historiographischen Würdigung der Zeit bis zum Eersten Weltkrieg ein “unbeschriebenes Blatt” ist, dann gilt dies umso mehr für die Geschichte der Lubliner Juden und ihr Verhältnis zur nicht-jüdischen Bevölkerung. Regionalbezogene Untersuchungen fehlen völlig. Dies liegt an der Komplexität des Themas, aber auch an der lange Zeit ungenügenden Bereitschaft polnischer amtlicher Stellen, Archivalien frei zugänglich zu machen.
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- Copyright © Association for the Study of Nationalities, 1984
References
1. Lublina, Dzieje, Próba syntezy. Lublin, Bd. 1: 1965, Bd. 2: 1975; Lublin 1317–1967. Henryk Zins (Hg.). Lublin 1967.Google Scholar
2. Krzykała, St. (Hg.), Lublina, Dzieje, Bd. 2, S. 5.Google Scholar
3. Zu bedauern ist dies u.a. deshalb, weil Lublin als die “Hauptstadt der Juden” galt und damit eine Betrachtung der Stadtgeschichte ohne deren gebührende Berücksichtigung stets fragmentarisch bleiben muß.Google Scholar
4. Die Forschungsarbeiten wurden durch eine DFG-Reisebeihilfe gefördert. Der DFG und ihren Gutachtern sei hiermit gedankt.Google Scholar
5. Balaban, Vgl. M., Die Judenstadt von Lublin, Berlin 1919, S. 7-10. — Offiziell durften Juden nur an Markttagen die Stadt betreten, sie waren aber ebenso wie die Lubliner Bürger vom Zoll befreit (Stanislaw Tworek, “Rozkwit miasta”. In: Dzieje Lublina, Bd. 1, S. 85).Google Scholar
6. Balaban, Judenstadt, S. 31. — Kazimierz Mýsliński (“Lublin w życiu gospodarczym i politycznym Polski Przedrozbiorowej”. In: Lublin 1317–1367, S. 43-46) stellt die antijüdischen Versuche des Lubliner Bürgertums in den Zusammenhang allgemeiner fremdenfeindlicher Intoleranz jener Zeit, die z.B. auch gegen die Armenier gerichtet war.Google Scholar
7. Balaban, Vgl., Judenstadt, S. 62.Google Scholar
8. Golczewski, Vgl. F., Polnisch-jüdische Beziehungen 1881–1922. Wiesbaden 1981, S. 208-13.Google Scholar
9. Mencel, Nach Tadeusz, “Lublin w okresie walk narodowowyzwoleńczych (1795-1864)”. In: Lublin 1317–1367, S. 121. Vgl. auch ebenda, S. 135-7.Google Scholar
10. Krzykała, Stanislaw, “Lublin w okresie kapitalizmu (1864-1939)”. In: Lublin 1317–1367, S. 157. — Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Gegend um die Lubartowska-Straße zum “Judenghetto” erklärt.Google Scholar
11. Balaban, , Judenstadt, S. 101.Google Scholar
12. Angaben nach Sz. Bronsztejn, Ludnósć Żydowska w Polsce w okresie międzywojennym. Wroclaw etc. 1963, S. 31.Google Scholar
13. Nach Bronsztejn lebten 39% der Juden des Lubliner Gebietes in Dörfern. Während der Anteil der Woj. Lublin an der Gesamtzahl polnischer Juden um 10% lag, lebten 1931 17% der auf dem Land (in Dörfern) lebenden polnischen Juden in dieser Wojewodschaft (ebd. S. 277).Google Scholar
14. Ebd. S. 146.Google Scholar
15. Ebd. S. 167/8.Google Scholar
16. In Lublin geht die Eingemeindungswelle größtenteils auf die Anordnung des österr. Gouverneurs vom 15.10.1916 zurück. Vgl. Stefan Wojciechowski, “Potozenie i rozwój przestrzenny miasta”. In: Dzieje Lublina, Bd. 1, S. 21.Google Scholar
17. Mencel, , S. 130.Google Scholar
18. Bender, Vgl. R. “Rady miejskie w Lubelskiem w latach 1861–1863”, Czasopismo prawno-historyczne 14 (1962), S. 132.Google Scholar
19. Jüdische Rundschau, Berlin, 1917, S. 42.Google Scholar
20. Nach Gazeta Poranna Dwa Grosze 302, 31.10.1916, S. 1. — Krzykała (1317-67, S. 163) sieht in den Wahlen von 1916 — von der 5. offenen Kurie abgesehen — eine Auseinandersetzung zwischen “nationalistischen polnischen Gruppierungen und den entsprechenden sozialen Gruppen der jüdischen Bevölkerung”.Google Scholar
21. JR 1917, S. 42.Google Scholar
22. Vgl. (Marczuk, “Wybory”, S. 319-21). Während der “Demokratische Kreis” gegen die Nationaldemokraten und die PPS eine Kooptierung von Arbeitervertretern forderte, verließen die Sozialisten das Plenum. Als daraufhin der Stadt-Präsident Turczynowicz die Versammlung auflöste, okkupierten bereits vorher von der Galerie aus die Sitzung störende polnische und jüdische Arbeiter den Saal. Unter dem Vorsitz des PPS-L-Vertreters Gutowski begann eine gegen die konstitutionellen Versuche gerichtete Versammlung, die jedoch nur von SDKP und PPS-L getragen war, wie Gutowski am 27.11. vor dem RAD-Plenum beteuerte (Krzykała, Lubelska Rada Delegatów Robotniczych. Lublin 1957, S. 46-7).Google Scholar
23. Krzykala, Vgl., In: Dzieje Lublina. Bd. 2, S. 19.Google Scholar
24. Die “Judenfrage” im Rahmen der Aktivitäten des Warschauer RAD muß noch bearbeitet werden. — Die übrigen Problembereiche im Zusammenhang der Ratsarbeit (so z.B. die dauernden Streitigkeiten zwischen SDKPiL and PPS) werden hier nicht berücksichtigt, sofern sie nicht die Fragen der polnisch-jüdischen Beziehungen streifen.Google Scholar
25. Krzykała, Lubelska Rada, S. 41–42.Google Scholar
26. Głos Robotniczy 81/12.11.1918, zit. nach Rady Delegatów Robotniczych 1918–1919, Bd. 2, Warszawa 1965 (RDR II), S. 249/50; Die PPS-L rief dagegen in ihrem Organ zum Kampf gegen diesen Separatismus auf.Google Scholar
27. Der Bund-Delegierte Henryk Ehrlich machte die Aktivitäten der Nationaldemokraten und den ungenügenden Widerstand der PPS für die Uneinsichtigkeit der polnischen Arbeiter verantwortlich, daß ein gemeinsamer polnischer-jüdischer Kampf gegen die “polnisch-jüdische Bourgeoisie” nötig sei. Ein SDKPiL-Mann gab hingegen auch dem “Nationalismus des Bundes” die Mitschuld (Lebnsfragn 47/22.11.1918, RDR II, S. 256).Google Scholar
28. Vgl. Ziemia Lubelska 563/21.11.1918, RDR II, S. 251/2. Die Spaltung des Arbeiterrates wurde mit strategischen Erwägungen motiviert.Google Scholar
Diese stützten sich auf das Geschehen in zahlreichen Fabriken. Die polnischen Arbeiter drohten, ihren Delegierten die Mandate zu entziehen und stattdessen Christ- und Nationaldemokraten zu wählen, wenn die Juden nicht den Rat verließen (Lebnsfrag n 47/22.11.1918, zit. nach RDR II, S. 256). Das imperative Mandat der Räteordnung richtete sich deutlich gegen ihre vorgebliche “Fortschrittlichkeit”. Daß auch den Kommunisten antijüdische Taktiken nicht fremd waren, belegt ein Artikel der “Nasza Trybuna” (5/13.12.1918, RDR II, S. 263): “Der Bund zerstört mit Poale-Zion in Lublin die Klasseneinheit des Proletariats, tritt aus dem RAD aus und schafft einen eigenen Jüdischen RAD, er hilft der polnischen Bourgeoisie bei der Zerschlagung der Arbeiterbewegung”. Bei einem Demonstrationszug am 26.11.1918 beobachtete der “Bund” gleichzeitig Rufe “Es lebe die Sowjetmacht Lenins und Trockijs” und “Fort mit den Juden!” (Lebnsfragn 9/10.1.11919, RDR II s 274). In den polnischen Darstellungen der Spaltung des RAD ist pauschal von “Reibereien vor dem Hintergrund von Nationalitätenauseinandersetzungen” (Jerzy Danielewicz, Ruchy rewolucyjne na Lubelszczyźnie w latach 1918–1923, Lublin 1968, S. 86) die Rede. 1957 noch hat Krzykała (Rada, S. 41-42) die Initiative der Spaltung dem “Bund” zugeschrieben, der es nicht zur Klasseneinheit der polnischen und jüdischen Arbeiter habe kommen lassen wollen und von einem tiefen Antikommunismus durchdrungen gewesen sei. Dieser Tendenz sei der Nationalismus und Antisemitismus der PPS (und nicht etwa ihrer Basis!) nur zur Hilfe gekommen.Google Scholar
29. Vgl. auch Anm. 23. — Krzykała, Rada, S. 47, 103. Die PPS roruerte Neuwahlen, während die auf keine Erfolge dabei hoffenden revolutionären Linken den RAD als Ersatzorganisation favorisierten. — Bemerkenswert ist, daß dabei die Beteiligung der inzwischen ja separierten jüdischen Arbeiter an der Kommunalpolitik aufgehört hätte.Google Scholar
30. In Warschau vermerkte man die RAD-Aufspaltung negativ, der dortige Rat entsandte 2 Vertreter nach Lublin, die jedoch letztlich nichts mehr bewirken konnten. Die Nationaldemokraten freuten sich belegen zu können, daß zwischen dem polnischen arbeitenden Volk und den Vertretern des jüdischen “Bundes” eine prinzipielle Differenz bestehe (Ziemia Lubelska 578/29.11.1918, RDR II, S. 259).Google Scholar
31. 47/22.11.1918 zit. n. RDR II, S. 255.Google Scholar
32. Lebnsfragn 2/2.1.1919, zit. n. RDR II, S. 270. Die von Krzykała (Lubelska Rada, S. 52) betonten Jugend-, Arbeiter- und Gewerkschaftskreise, in denen Juden und Nicht-Juden weiterhin kooperierten, gingen zumeist auf SDKPiL-Initiativen zurück und waren nicht repräsentativ.Google Scholar
33. Wiadomósci RDR miasta Lublina 1/2.III.1919, RDR II, S. 300.Google Scholar
34. Nasze Hasła 8/17.III. 1919 n. RDR II, S. 321.Google Scholar
35. Marczuk, “Wybory”, S. 324.Google Scholar
36. Ebd., S. 325.Google Scholar
37. Ebd., S. 327.Google Scholar
38. Marczuk stellt die Ratsherren nach linken und rechten Gruppierungen zusammen, was für manche Fragestellungen auch sinnvoll sein mag, jedoch für unsere Probleme keinen Sinn ergibt: er führte in der “Rechten” die polnischen Nationalisten und die jüdischen Orthodoxen auf. Die Zionisten rechnet er dem Zentrum zu.Google Scholar
39. Die einzigen berichteten Ereignisse sind eine Schülerversammlung, die am 16. November die Vertreibung jüdischer Schüler von polnischen Schulen wegen deren “feindlicher und provozierender Haltung gegenüber den Polen” forderte (Gazeta Poranna 288/21.11.1918, S. 5 nach Ziemia Lubelska) sowie “Revisionen” in jüdischen Häusern (Interpellation im Lubliner Stadtrat vom 26.11.1918, nach Krzykała, Lubelska Rada, S. 46).Google Scholar
40. Ołos Lubelski 25/26.1.1919, S. 1.CrossRefGoogle Scholar
41. Ebd. S. 2.Google Scholar
42. Ołos Lubelski 6.4.1919, S. 5.Google Scholar
43. Ebd.Google Scholar
44. Israelitisches Wochenblatt für die Schweiz, Zürich 14 (1919) 14/4.4.1919, S. 3; “Eine Unterredung mit Dr. Leo Reich”. — In der Tat waren Reichs dort wiedergegebene Anschauungen höchst undiplomatisch, und es war zum damaligen Zeitpunkt sicher unklug, sie zu publizieren: Wenn Reich auch in der Ukraine “kein Paradies auf Erden” sah, so forderte er doch “nicht nur im Namen der Gerechtigkeit, sondern auch im eigenen Interesse”, “daß die von den Ukrainern in Mehrheit bewohnten Gebiete der Ukraine angehören sollen”. Dazu schlug er ein Plebiszit vor. Nun muß jedoch auch beachtet werden, daß der Zionist Reich die Ukraine favorisierte, weil er von ihrer Kultur “die im Verhältnis zur jüdischen minimal ist”, einen geringeren Assimilationseffekt befürchtete als von der polnischen: “Weil die polnische Kultur immerhin stark ist.”Google Scholar
45. Głos Lubelski 110/25.4.1919, S. 2.Google Scholar
46. Jôzef Marczuk, Walka polityczna w radzie miejskiej Lublina w latach 1919–1927“, Rocznik Lubelski 11 (1968), S. 45.Google Scholar
47. Das Geschehen um Anisiewicz hat sicherlich das harte Vorgehen im Jahre 1920 mitbegründet. Allerdings bleiben von der Forschungsseite her Zweifel bestehen. Als Hauptquelle der Wtodawer Ereignisse dient weiterhin die Darstellung bei Jerzy Danielewicz, Ruchy rewolucyjne na Lubelszcýznie w latach 1918–1923. Lublin 1968, S. 87-88. In einem in dieser Form sicherlich seltenen Schreiben teilte die Hauptdirektion der Polnischen Staatsarchive am 21.8.1981 mit, die Anmerkung Danielewiczs, in der dieser sich als Quelle seiner Ausführungen auf Akten des Lubliner Starstenamtes berufen hatte, die vergeblich im Staatsarchiv Lublin vorhanden seien, sei “unredlich” (nieczetelny). Eine entsprechende Nachprüfung habe ein negatives Ergebnis gehabt. — Der Mechanismus, den Balaban für die Frühe Neuzeit beschrieben hatte, wirkte weiterhin: Die Sammlung “jüdischer Missetäter” aus der Provinz trug in der Wojewodschaftshauptstadt zur Sichtbarmachung und Bestätigung eines polnischjüdischen Gegensatzes bei.Google Scholar
48. Głos Lubelski 111/26.4.1919, S. 2.CrossRefGoogle Scholar
49. Die ambivalente Haltung der Sicherheitsorgane kommt in den insgesamt glaübwürdigen Aussagen zum Ausdruck, die auf der Sitzung des Exekutivkomitees des RAD vom 2.5.1919 kolportiert wurden: So soll der Polizeichef Tytus Malinowski auf die Aufforderung hin, für Ruhe zu sorgen, geantwortet haben: “Versuchen Sie mal, zu ihnen zu sprechen, ich habe schon keine Kräfte mehr”; der Gendamerie-Chef Sztok soll dagegen gesagt haben: “Das ist der Wille des Volkes, soll es tun, was es will!” (Lebnsfragn 95/9.5.1919; RDR II, 339). Bereits in der Interpellation Malinowski/Dymowski vom 29.4.1919 (31. Sejm-Sitzung, Sp. 58) kam diese Haltung an die Öffentlichkeit. “Die kommunale Polizei widersetzte sich dem Rauben und Schlagen nicht, die Gendarmerie forderte zum Schlagen der Juden auf (dafür gibt es Zeugen). Der Volksmiliz, die der PPS unterstand [sie wurde am 1.7.1919 von der poln. Regierung aufgelöst], empfahl man, nicht die Quartiere zu verlassen. Das Betragen und die Ratlosigkeit des Vorstehers der kommunalen Polizei waren unter aller Kritik”, hieß es in der Interpellation.Google Scholar
50. Głos Lubelski 112/27.4.1919, S. 2.CrossRefGoogle Scholar
51. Ebd.Google Scholar
52. Robotnik 175/3.5.1919, S. 1.CrossRefGoogle Scholar
53. Nachdem der Stadtrat mehrheitlich beschlossen hatte, den 1. Mai als Feiertag zu begehen, sprengten die Nationaldemokraten aus Protest die Sitzung vom 20. April (Marczuk “Walka”, S. 44).Google Scholar
54. Głos Lubelski 121/7.5.1919, S. 1.Google Scholar
55. Dos iudishe folk 29.4.1919, nach Kommuniqué Nr. 104 des Pressebüros der Zionistischen Organisation in Polen vom 1.6.1919, Central Zionist Archives Jerusalem Z 3/181.Google Scholar
56. Lebnsfragn 92/6.5.1919, RDR II, S. 338/9.Google Scholar
57. Krzykała, Lubelska rada, S. 76.Google Scholar
58. Gutowski, der KP-Vertreter, brachte die Frage des Austritts aufs Tapet: “Wenn die PPS im Rat ist…, um die Arbeiter zu betrügen, dann will der Rat sie nicht mehr sehen” (Krzykała, Lubelska rada, S. 80). Er definierte dann die PPS als Reaktion, gegen die es zu kämpfen gelte. Bei der Tagesordnungsabstimmung siegten KPRP und “Bund”. Bevor dann jedoch über das eigentliche Problem abgestimmt werden konnte, verließen die Sozialisten den Saal und immobilisierten so die Versammlung (ebenda, S. 81).Google Scholar
59. Sowohl die Parteilinke als auch die Parteirechte verlangte auf dem Krakauer Vereinigungsparteitag, die RAD auf die Basis der polnischen staatlichen Unabhängigkeit zu stellen und die Kommunisten zu entfernen. Differenzen bestanden über die Frage des Verhältnisses zwischen Sejm und RAD und der Übernahme der Verantwortung für eine Zerschlagung des Räte-Apparates (Vgl. dazu Kazimierz Więch, Polska Partia Socjalistyczna 1918–1921, Warszawa 1978, S. 100-103). Wiėch (ebd. S. 112) meint, die polnischen Sozialisten hätten von Anfang an in den RAD Fremdkörper gesehen, da sie das bürgerliche Staatssystem zu erhalten suchten und nur “unter dem Druck der Massen” in den RAD mitarbeiteten. Sie hätten daher die erste sich bietenden Gelegenheit genutzt, die RAD zu “entrevolutionieren” und damit letztlich obsolet zu machen. Die Abspaltung der PPS-Opposition unter T. Żarski, die gegen die Zerschlagung des Räte-Systems protestierte, blieb nur eine Episode der Geschichte des polnischen Sozialismus.Google Scholar
60. Lebnsfragn 106/22.5.1919, RDR II. S. 345.CrossRefGoogle Scholar
61. Krzykała (Lubelska rada, S. 80/81) schreibt die PPS-Aktivitäten dem drohenden Machtverlust im RAD zu. Solange die jüdischen Gruppierungen einen eigenen Rat besaßen, war die Vorherrschaft der PPS im RAD unbestritten. Nach dem Eintritt von “Bund” und Poale-Zion stellte sich Ende April die Zusammensetzung folgendermaßen dar:Google Scholar
PPS = 100 DelegierteGoogle Scholar
KPRP = 72 -“-Google Scholar
Bund = 49 -“-Google Scholar
Poale-Zion = 6 -“-Google Scholar
Ins Exekutive-Komitee kamen 7 Sozialisten, 5 Kommunisten und 2 “Bund”-Delegierte (RDR II, S. 337). (Im Dezember 1918 hatten sich SDKPiL und PPS-L zur KPRP vereinigt.)Google Scholar
Ende Mai lauten die Angaben über die zu den Sitzungen erschienenen:Google Scholar
PPS = 90 DelegierteGoogle Scholar
KPRP = 70 -“-Google Scholar
Bund = 40 -“- (für Poale-Zion wurden hier keine Angaben gemacht). Jedenfalls drohte ein deutlicher Einflußverlust. Allerdings erscheint die pragmatische Erklärung der Lubliner Vorgänge, die die Nationalitätenfrage für den Fortbestand des RAD zum entscheidenden Ansatzpunkt machen würde, nicht völlig einleuchtend. Die Krakauer Beschlüsse können nicht allein mit den relativ unbedeutenden Vorgängen in Lublin und Włocławek (ebd.) erklärt werden. Allerdings mögen sie die strategische Planung der PPS beeinflußt haben.Google Scholar
62. Selbst in der modernen Historiographie Polens wird die KPP-Haltung gerügt, “weil sie sich der Unabhängigkeitsparole entgegengestellt” habe (Marczuk, “Walka,” S. 51). Krzykała nennt dies “Fehler des Luxemburgismus” (Lubelska Rada, S. 59). Wiėch (PPS, S. 112) kritisiert die Arbeit der RAD, wobei er die Kommunisten in Schutz nimmt, sie seien wegen der dauernden Repressionen nicht im Stande gewesen, eine wirksame Abwehr zu organisieren. Die mangelhafte Effizienz der Räte führt er auf das Desinteresse der Sozialisten und dauernde interne Querelen zurück. Letzteres führt er nicht aus — wir haben oben mit der Nationalitätenauseinandersetzung eine dieser Erscheinungen beschrieben.Google Scholar
63. Wiėch PPS, S. 110) bescheinigt allen neu entstandenen Unabhängig-Sozialistischen RAD, daß sie schnell abstarben. Auf der Besprechung grö erer Räte in Warschau vom 15. Juni 1919 wurde auf Antrag der jüdischen Parteien, der Kommunisten und der PPS-Opposition (Żyrardów, Kielce) den Räten von Lublin und Włocławek das “Mandat mit entscheidender Stimme” entzogen: sie galten nicht mehr als “Vertretungen des Proletariats ohne Rücksicht auf parteiliche und nationalitätenmäßige Zuordnung” (Krzykała, Lubelska rada, S. 84). Die PPS verließ daraufhin die Besprechung und fügte so der Rätebewegung einen Schlag zu, den sie nicht überstand (ebd. S. 85).Google Scholar
64. Zit. nach Marczuk, “Walka”, S. 56.Google Scholar
65. Ebd.Google Scholar
66. Rechtsgrundlage dazu waren die Rundschreiben des Innenministers vom 5.7.1920 (Az. T.B.B. 230/1) und vom 10.7.1920 (T.V. 240/1).Google Scholar
67. Marczuk, “Walka”, S. 58.Google Scholar
68. Min. d. In. an Wojew. Lublin v. 14.8.1920, WAP Lublin Urzd Wojewody Lubelskiego (= UWL), Wydział Społeczno-Polityczny (= WSP), 481, Rewizje i aresztowania członków ogólno-żydowskiego Zwizku Robotn. “Bund” w Polsce.Google Scholar
69. Starostwo Chełm an den Wojewoden Lublin 17.7.1920, WAPL UWL WSP 481.Google Scholar
70. Kommandant der Staatspolizei Hr. an Starostwo Hrubieszów 19.7.1920, ebd.Google Scholar
71. Starostwo Tomaszów Lubelski an den Wojewoden Lublin 17.7.1920, ebd. — Dabei muß berücksichtigt werden, daß der Bund in Tomaszów eine verhältnismäßig große Anhängerzahl besaß: Nach einem Bericht von 1930 (WAPL UWL WSP 480 Bund — informacje o działalności 1921–1930) war er hier 1918 gegründet worden, besa 50 Mitglieder und 800 Sympathisanten.Google Scholar
72. Darstellung nach Brief eines “Christen” an den Wojewoden Lublin vom 19.7.1920, WAPL UWL WSP 481.Google Scholar
73. Telegramm des Innenmin. an Wojewoden Lublin 22.8.1920, ebd.Google Scholar
74. Wojewode Lublin an Innenministerium 10.9.1920, ebd.Google Scholar
75. Starosta Włodawa an Wojewoden Lublin 5.9.1920, WAPL UWL WSP 481.Google Scholar
76. s. Anm. 79.Google Scholar
77. WAPL UWL WSP 481. — Der Friseur Fiszman war während der Evakuierung der Lubliner Gefängnisinsassen nach Piotrków dem Transport entkommen.Google Scholar
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79. Wojewode Lublin an alle Starosten 23.3.1926, WAPL UWL WSP 480.Google Scholar
80. Majer Bałaban (“Umysłowość i moralność żydostwa polskiego”. In: Kultura Staropolska. Kraków 1932, S. 617) nennt diesen Landtag “die Krone… dieser Verwaltung und Konzentration des polnischen Judentums”. Vgl. die kurze Anmerkung über das jüdische Geistesleben im alten Lublin bei Stanislaw Tworek, “Rola kulturalna Lublina w okresie Rzeczypospolitej Szlacheckiej (XVI-XVIII)”. In: Lublin 1317–1367, S. 99-100. Dennoch war eine Kontinuität des Bildungsgedankens kaum erkennbar: 1861 sollen von 1184 Juden im Alter von 20-30 Jahren nur 30 (2,5%) lesen und schreiben gekonnt haben (Mencel, S. 137) — Der Rektor der Lubliner Akademie Salomon Luria stand seinerzeit in heftigem Gegensatz zur weltoffenen, auch philosophische Fragen einbeziehenden Richtung der jüdischen Gelehrsamkeit Krakaus (Vgl. Balaban. Umysłowość, S. 624).Google Scholar
81. Vg. Szlakiem Nauki Talmudycznej. Warszawa 1934, S. 27-31.Google Scholar
82. Im Lubliner Staatsarchiv befindet sich eine umfangreiche Sammlung in begeisterten Tönen gehaltener Glückwunschdepeschen aus diesem Anlaß: WAPL GWZL 1 Depesze gratulacyjne na uroczystość położenia kamienia wėgielnego pod gmach uczelni rabinackiej w Lublinie 21-22.5.1924. Im Bericht über die Grundsteinlegung ist von 100 Besuchern, (60 Rabbinern) die Rede. Die Yeshiva sollte nach Meinung der Festredner zur “Normierung der sozialen Beziehungen in Polen” im Sinne der “Nächstenliebe” beitragen. Einer der Hochrufe lautete “Es lebe die Republik Polen” (Starost Lublin an Wojewoden Lublin 23.5.1924, WAPL UWL WSP 846).Google Scholar
83. Eine gute Archiv-Grundlage, um die verschiedenen Versuche nicht-jüdischer Instanzen nachzuvollziehen, zunächst die Schließung eines jüdischen Friedhofs zu erreichen und dann die Anlage eines neuen mit allen verfügbaren Mitteln (incl. geologischer und meteorologischer Gutachten) zu verhindern, bieten die Bestände des Archiwum Akt Nowych MOS 699, 707 über die Auseinandersetzungen in Koło zwischen 1919 and 1921.Google Scholar
84. Wojewodschaftsgesundheitsamt an Präsidialabt. des Wojewodschaftsamtes Lublin 11. Juni 1923, WAPL UWL WSP 843.Google Scholar
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91. Bericht vom 5.7.1924, WAPL UWL WSP 843.Google Scholar
92. Ebenda. — Man muß deutlich sehen, daß die Stadtverwaltung in der Tat neutral reagiert hatte, so daß sie kein Vorwurf treffen konnte: Der Stadtbaumeister richtete ein Beschwerdeschreiben an den Lubliner Magistrat, er habe unrechtmäßig der vorzeitigen Abtragung der alten Mauer tatenlos zugesehen — die “schuldige Gemeinde sei zur strafrechtlichen Verantwortung zu ziehen” (Stadtbaumeister an Magistrat Lublin 2.7.1924, ebd.).Google Scholar
93. Edward Rettinger war 1920 Leiter der Bürgermiliz gewesen, die sich bei der Verfolgung von Kommunisten und Links-Sozialisten profiliert hatte. Er war nationaldemokratischer Stadtrat (Krzykała, Dzieje, Bd. 2, S. 30, 163).Google Scholar
94. Situationsbericht 74 des Starosten von Lublin vom 7.7.1924, WAPL UWL WSP 843.Google Scholar
95. Aussage Ignacy Grabiński, II. Komm. der Staatspolizei vom 17.7.1924, WAPL UWL WSP 843.Google Scholar
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