Von der deutschen Universität wird vielfach entweder gar nicht oder in apokalyptischer Erregung gesprochen (1). Je mehr die Kritiker von der Krise reden und schreiben, desto ungestörter scheinen die Träger der Universität und ihre Dienstherren die ihnen aufgetragenen Geschäfte zu verwalten. Für den, der in die soziale Wirklichkeit der akademischen Institutionen steuernd eingreifen will, ist offenbar weder die eine noch die andere Haltung angemessen: Wäre er der Meinung, daß die Universität in ihrer gegenwärtigen Form alle Wünsche und Aufgaben erfülle, dann bedürfte es seines Eingriffs nicht; glaubte er andererseits, der »Zusammenbruch« der deutschen Universität stünde unmittelbar bevor, dann könnte er sich allenfalls noch als Chronist dieser Katastrophe betätigen. Wenngleich tatsächlich mancher deutsche Soziologe in diesem Sinne erst mit der einbrechenden Dämmerung seinen Flug beginnen möchte, wollen wir hier versuchen, einige Aspekte der deutschen Universität im hellen Licht des Tages auf die Möglichkeit der Reform hin zu prüfen. Und weil dieses Unternehmen nachgerade zum Gemeinplatz geworden ist, soil es hier präziser darum gehen, die Punkte zu lokalisieren, an denen die Institution der deutschen Universität zum Nachteil ihrer Träger und Umwelt erstarrt bzw. für neue Entwicklungen offen ist, indem wir die Richtungen erörtern, in die die Entwicklung der Universität tatsächlich geht und eigentlich gehen sollte.