Diese von Professor Fransen vorausgehend beschriebene Handschrift ist in verschiedener Hinsicht recht interessant. Der in ihr enthaltene Glossenapparat zur Comp. I. ist sehr umfangreich. Er wurde von mehreren Händen geschrieben und ist deswegen nicht immer ganz eindeutig von späteren Einträgen (aus der gleichen Schule) abzugrenzen. Im wesentlichen sind drei Schichten zu unterscheiden:
(1) Für die Haupt- und Grundschicht ist die Beobachtung wichtig, dass in ihr die Dekretalen nach der Comp. I. durchwegs als ‘extra titulos’ oder ‘extrauagans’ mit Angabe des Papstes und Incipit zitiert werden. In dem etwas näher untersuchten Teil (etwa ein Viertel des Textes) wurden folgende Allegationen gefunden: Von Alexander III. acht, Lucius III. drei, Clemens III. eine, Coelestin III. zwölf und von Innozenz III. auch zwölf, darunter Potth. 164, 185, 568, 888, 1279 und 1560. Das deutet auf eine Abfassung bald nach Beginn des 13. Jahrhunderts hin.
(2) In zahlreichen Zusätzen zum ursprünglichen Apparat, an einigen Stellen aber auch in der Hauptschicht (z. B. fol. 33r, 34r, 42r), werden Dekretalen nach einer Sammlung mit Titeln zitiert, die sich teilweise auf Gilberts Sammlung beziehen lassen (z. B. fol. 34rb ‘extra de procuratore Si matrimonii’: Gilbert 1.18.2; 2 Comp. 1.18.2; JL 17615) oder auf Alanus (z. B. fol. 33ra ‘extra tit. de iure iurando Ex tenore’: Al. [Vercelli] 2.15.8 [= Fulda W 2.13.6]; nicht in Potth. [oder ist Potth. 656 in Gilb. Anhang 8 hoc tit. gemeint?]; — fol. 34rb ‘extra tit. de officio deleg. Super questionem’: Potth. 2163 aus dem Jahre 1204, Al. 1.17.3 [W 1.13.3]; 3 Comp. 1.18.6; wahrscheinlich auch fol. 33ra ‘extra tit. de exceptionibus c.i. ubi siue renunciatum sit siue publicate sint atestationes non possunt alii testes produci’: vgl. Al. 2.11.1 [W Anh. 29]; 3 Comp. 5.2.3; Potth. 888). Teilweise lassen sie sich jedoch keiner bestimmten Sammlung zuweisen. So wird z. B. fol. 42rb zitiert: ‘extra tit. de sent. excom. Dilecti,’ was auf keine der bisher bekannten Sammlungen passt. Obwohl diese Nachträge von verschiedenen Händen stammen, scheint die zweite Schicht eine systematische Ergänzung bzw. Neuauflage des ursprünglichen Apparates zu repräsentieren, noch aus der Zeit vor 1210. In ihr kommen auch die meisten Siglen vor, abgesehen von p.b'., der in beiden Schichten häufig zitiert wird.
(3) Weitere Nachträge sind durch ihre Dekretalenallegationen, welche die Comp. II. und III. voraussetzen, leicht als eine dritte Schicht zu erkennen und als spätere (private?) Nachträge vom eigentlichen Apparat abzutrennen.