from New Brecht Research
Published online by Cambridge University Press: 11 March 2017
Es ist Gesang in der Luft, Gesang der Winde, Motorengesang, fröhliche Menschenstimmen und strömende Musik. (BFA 19, 717)
Einleitung
Ästhetische und technische Moderne sieht man nach wie vor oft in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Diesem Standpunkt entspricht die Kernaussage der 1985 von Odo Marquard formulierten “Kompensationshypothese,” die besagt, dass die “Geisteswissenschaften” den beschleunigten wissenschaftlich-technisch-industriellen Fortschritt verlangsamen, sozusagen “entschleunigen” sollen, indem sie vertraute Geschichten erzählen und so den Menschen in einer sich durch technische Innovationen zu schnell verändernden Welt Orientierungshilfen anbieten können. Diese entschleunigende Funktion wird dann überhaupt oft der Kunst, dem Theater, der Literatur usw. zugesprochen. Vor dem Hintergrund dieser Vorstellungen erscheint Kunst, die Technik, den sogenannten “technischen Fortschritt,” unterstützt, ja antreiben und beschleunigen will, wie beispielsweise die avantgardistische Kunstbewegung des Futurismus, suspekt. Dieser Argwohn gegenüber einer Kunst, die sich mit dem “technischen Fortschritt” verbindet, muss allerdings auch gegenüber Bertolt Brecht gehegt werden, der, zumindest in einer bestimmten Phase seines Lebens, technische Entwicklungen positiv aufnahm und diese auch in seinem persönlichen Leben zu schätzen wusste, z. B. als Vorliebe für schnelle Autos, denen er das Gedicht “Singende Steyrwagen” widmete (vgl. BFA 13, 392–393). Brecht selbst besaß einen solchen Wagen. Aus dieser Haltung einer grundsätzlichen Bejahung der Technik heraus, die sich mit seinen gesellschaftlichmarxistischen Ansichten durchaus vertrug, versuchte Brecht, so meine Ausgangsthese, das Verhältnis der Menschen zur Technik überhaupt zu bestimmen; und dies bedeutete auch, das Selbstverständnis des Menschen und seine Beziehung zu anderen Menschen neu zu definieren, da diese Grundlagen des Menschseins und seiner Beziehungen durch Technik fundamental verändert wurden. Die grundsätzliche Frage nach dem Verhältnis von Brecht zur Technik kann im Rahmen dieses Aufsatzes nicht geklärt werden; ich werde mich hier auf Brechts Radiolehrstück Der Ozeanflug beschränken (der ursprüngliche Titel war Lindbergh, dann Lindberghflug dann Der Flug der Lindberghs). Ein Grund für die Titeländerung war die Tatsache, dass der historische Ozeanflieger, Charles Lindbergh (1902– 1974), sich in den 1930er Jahren immer mehr den Nationalsozialisten angenähert hatte, so dass Brecht seinen Namen vermeiden wollte. Es wird hier also darum gehen, diese bejahende Einstellung Brechts zur Technik, auf die u. a. auch Helmut Lethen hingewiesen hat, am Beispiel seines Lehrstücks Der Ozeanflug zu untersuchen.
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