Als Vorbedürfnis für das Studium der deutschen Dramaturgie in ihrer historischen Entwicklung erscheint ein Überblick der wichtigsten ästhetischen Anschauungen zuvörderst unentbehrlich. Statt jedoch dazu die Hilfe der historischen Ästhetik einzurufen, wird in dieser Arbeit der Versuch gewagt, den ästhetischen Hintergrund aus den Äusserungen zeitgenössischer Dramatiker herauszuforschen und neu zu beleben. Der Hilferuf an die Ästhetik wäre hier übrigens unbeachtet verklungen, denn die Geschichte der Ästhetik hat bis jetzt fast ausschliesslich das an sich Wertvolle und Interessante, oder das Historisch-bedeutende berücksichtigt. Andererseits zieht die angewandte Ästhetik der litterarischen Kunstform, nämlich die Kritik, meistens nur die Berufskritiker und kaum je das Massenpublikum in ihre Betrachtung hinein. Eine kulturgeschichtliche Ästhetik, ebensosehr bemüht, die pathetisch-nüchternen Ideale des Bürger- oder Volksdramas darzustellen, gibt es bis heute noch nicht. Und doch hätten solche Studien für die Ästhetik, wie für die Litteraturgeschichte, ohne Zweifel ihren Nutz. Deshalb, und mehr noch, weil das Material bei den Vorarbeiten zu einer Geschichte der deutschen Dramaturgie leicht erreichbar war, ist folgender Versuch entstanden.